Selbst seine ärgsten Gegner müssen einräumen: Javier Milei hat mit seiner Motorsägen-Doktrin in nur einem Jahr erstaunliche Erfolge erzielt: Budget ausgeglichen, Hyperinflation gebändigt, Währung stabilisiert, die Armutsquote sinkt nach dem prognostizierten Peak wieder, die Wirtschaft zieht an. Nach Jahrzehnten der Depression schaut Argentinien wieder optimistisch in die Zukunft.
Ein Highlight in Mileis Rede zur Lage der Nation ging dabei völlig unter: Argentinien will die Entwicklung der Kernenergie systematisch forcieren. Vieles spricht dafür, dass Milei auch in diesem Punkt Wort halten wird. Die technologische Basis ist jedenfalls vorhanden.
Bereits 1974 nahm Argentinien das erste kommerzielle AKW Lateinamerikas in Betrieb. Über die Jahre wurde die Anlage modernisiert und umgebaut, zwei weitere AKW kamen hinzu, die heute 10 Prozent des Strombedarfs decken. Ein weiterer Reaktor chinesischer Bauart ist in Planung. Und das Beste: Die Nucleoeléctrica Argentina gehört zu den wenigen Staatsbetrieben, die Gewinne generieren. Das gleiche gilt auch für die Dioxitek, die Uran schürft und prozessiert.
Argentinien beherrscht damit nicht nur den ganzen nuklearen Kreislauf. Es verfügt über ein halbes Dutzend Versuchsreaktoren, an denen Fachleute ausgebildet werden. Interessant ist in dieser Hinsicht vor allem Carem: ein Pilotprojekt, wo am Prototyp eines kleinen modularen Reaktors gebaut wird, der in Zukunft serienmässig vom Band laufen soll. Und genau auf diese Minireaktoren setzen neben Milei auch Investoren wie Bill Gates oder Elon Musk.
Denn eins ist klar: Die digitale Revolution mit ihren gigantischen Datenverarbeitungs- und Speicher-Anlagen verschlingt Unmengen an Strom. Mithalten kann nur, wer saubere und günstige Energie garantieren kann. Mit Flatterstrom von Wind und Sonne, der, je nach den Launen der Witterung, mal anfällt oder auch nicht, ist das nicht zu schaffen. Ein Problem der Physik, nicht der Technologie.
Wie in Deutschland kämpft die Atomenergie auch in Argentinien mit Desinformation, irrationalen Ängsten und politischem Widerstand. Einige Bundesstaaten haben den Bau von Kernanalagen verboten. Projekte wurden jahrelang verzögert oder auf Eis gelegt, es fehlte nicht zuletzt auch an Geld. Doch den fatalsten aller Fehler haben die Argentinier nicht gemacht: Anders als die Deutschen haben sie sich die Option Kernenergie immer offengehalten.
Heute befindet sich Argentinien in einer relativ komfortablen Lage: Anders als Deutschland braucht sich Argentinien dank seinen immensen Erdgasreserven mittelfristig um die Versorgungssicherheit und die Energiepreise keine grossen Sorgen zu machen. Die freien Ressourcen kann man dafür verwenden, um bei der Entwicklung neuer Kerntechnologien an der Weltspitze mitzuhalten. Für den Fall, dass das Speicherproblem des Flatterstroms von Wind und Sonne nicht durch ein physikalisches Wunder gelöst wird.
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