Die Nachricht ging viral in den sozialen Medien: Vertreter der rechtskonservativen Vox-Partei machten den Rückbau von 256 Staudämmen während der letzten zwei Jahre für die verheerende Flutkatastrophe in Valencia verantwortlich. Die sozialistische Regierung Spaniens hat im Rahmen eines EU-Programms bis 2030 weitere 2,5 Milliarden für die Renaturierung der Flüsse budgetiert.
Die meisten dieser Dämme entstanden in der Franco-Zeit. Der Vorwurf: Die Linken würden in ihrem Öko-Fimmel und blinden Revanchismus über Leichen gehen und selbst Schutzbauten schleifen, um jegliche Erinnerung an den vor einem halben Jahrhundert verstorbenen «Generalísimo» auszumerzen.
Das «Ministerium für den ökologischen Umbau und die demografische Herausforderung» (kein Witz, das spanische Ministerium für Energie und Umwelt, das sich explizit an den Zielen der Uno-Agenda 2030 orientiert, heisst so) gab sofort Entwarnung: Fake News. Es seien bloss kleinere Wehre abgebaut worden, welche die Überschwemmungsgefahr verschärft hätten.
Aus linker Sicht war sofort klar: Die angebliche Rekordflut ist eine Folge des Klimawandels. Wer daran zweifelt, ist ein Feind der Wissenschaft. Forderungen nach einer Kontrolle der sozialen Medien gegen «Desinformation» werden laut. Die unvermeidliche EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen orakelte umgehend von einer «dramatischen Realität» der klimatischen Endzeit.
Tatsächlich wurden in der Umgebung von Valencia fast unvorstellbare Regenmengen von über 400 Litern pro Quadratmeter gemessen. Doch das ist weit entfernt von einem Rekord. 1982 etwa waren es bis zu 1000 Liter an einem einzigen Tag. 1962 forderten Überschwemmungen in Spanien 815 Tote. Mit der Liste der Superlative liessen sich Bücher füllen. Schon im Mittelalter wurden gewaltige Schutzbauten erstellt, doch die Natur war oft gewaltiger.
In Südspanien ist dieses als gota fría (kalter Tropfen) bekannte meteorologische Phänomen alles andere als neu. Bereits die Römer fürchteten sich davor, seither sind zahlreiche Sintfluten verbrieft. Entscheidend für den Schaden ist nicht nur die Regenmenge, sondern die lokale Topografie, über die sie sich ergiesst. Beides lässt sich nie genau prognostizieren.
Neu ist hingegen der Eifer, mit der Naturkatastrophen, die uns seit Urzeiten regelmässig heimsuchen, für Stimmungsmache ausgeschlachtet werden. Wie idyllisch waren doch die Zeiten, in denen man sich in der Not instinktiv zusammenraufte und die politischen Differenzen vorübergehend auf Eis legte.
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