Deutschland setzt auf die Energiewende. Die Politik verspricht, dass die Wende dazu führen wird, dass das eigene Land zum führenden Technologiestandort für erneuerbare Energien wird – und dann passiert genau das Gegenteil: Erst verglüht die Solarbranche in Deutschland, und jetzt braust ein Sturm über die Hersteller von Windmühlen.
Jüngstes Opfer: Nordex. Der Hersteller von Windkraftanlagen hat sein letztes deutsches Rotorblätterwerk geschlossen. Es ist eine Entscheidung, die angesichts der Bemühungen, sich von Russland als Hauptenergielieferanten zu lösen, umso paradoxer wirkt. Trotz Energiewende, steigender Nachfrage und anspruchsvollen Klimazielen bauen Windkonzerne hierzulande Arbeitsplätze ab. In den vergangenen zehn Jahren gingen insgesamt 60 000 Stellen in der Windindustrie verloren. Die meisten Hersteller stecken wie Nordex in den roten Zahlen. Also flüchten sie dahin, wo Arbeitskräfte billiger sind. Die Verlagerung zusammen mit Innovationen und immer grösserer Anlagen hat einen durchschlagenden Erfolg gebracht: Die Stromentstehungskosten der Windkraft haben sich in den vergangenen fünf Jahren glatt halbiert.
Es ist ein Dilemma: Will die Branche wettbewerbsfähig werden, ist Deutschland als Fertigungsort auf Dauer keine Option. Dazu kommt: In Deutschland ist der Bau neuer Windkraftanlagen ins Stocken geraten, weil die Genehmigungsverfahren sich wegen Widerständen der Menschen vor Ort hinziehen. Fünf Jahre dauert es durchschnittlich von der Idee bis zur Fertigstellung.
Zwar ist Deutschland eines der Länder mit den meisten Windrädern, aber was neue Anlagen betrifft, stehen China, die USA und Brasilien an der Spitze. Die Auftragsbücher der weltweit tätigen Unternehmen sind gefüllt, aber die Aufträge kommen seltener aus Deutschland. So kommt es, dass es sich für Unternehmen lohnt, in Indien oder Brasilien Rotorblätter zu fertigen, die dort stärker nachgefragt werden als im Erfinderland der Energiewende. Das Ganze erinnert fatal an das Schicksal der Solarbranche: Es waren deutsche Unternehmen, die der Sonnenenergie zum globalen Erfolg verhalfen. Dank niedrigerer Arbeitslöhne und billigerer Energie produzierten aber Chinesen günstiger. Deutschland hatte mit seiner Förderung lediglich für einen Innovationsschub gesorgt, doch die heimische Wirtschaft hatte das Nachsehen.
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