Um sicher zu sein, dass auch jene Personen, die über die Feiertage verreist sind, Kenntnis davon haben, welcher Skandal gerade den Kanton Zug erschüttert, sei an dieser Stelle die unlängst von der Zeitschrift Beobachter aufgedeckte Löffel-Affaire in Erinnerung gerufen.
Gemäss dieser stellt ein hier nicht namentlich erwähnter Wirt in einer Oberägerer Landbeiz für einen zweiten Dessertlöffel 2.50 Franken in Rechnung. Im Zentrum der Debatte steht die verbreitete Praxis, wonach nur eine Person einen Nachtisch bestellt, die zweite jedoch einen separaten Löffel verlangt und mitisst.
Zu unser aller Erstaunen sieht sich besagter Wirt seit dem Bekanntwerden seiner Sondergebühren mit massiver Kritik konfrontiert, gleichsam einem medialen Shitstorm ausgesetzt. Es gehe nicht an, sei kleinlich und unsympathisch, so der Tenor, allein für die Benutzung eines Löffelchens dem Kunden zusätzliche Kosten aufzubrummen. Der Gast sei schliesslich König!
Diesem antiquierten Verständnis von Gastfreundschaft sei entschieden widersprochen: Die Argumentation des Wirtes, ein Mitesser besetze auch ohne eigene Dessertbestellung einen (bequemen) Stuhl und brauche Platz, sollte nun wirklich jedem halbwegs vernünftigen Gast einleuchten – mehr noch! Es wäre endlich an der Zeit, dass der Branchen-Verband für seine bezahlenden (!) Mitglieder Guidelines zur Verfügung stellt mit Inputs für Preisaufschläge jedweder Art.
So könnte bei Gästen ein Bewusstsein geschaffen werden, mit wie viel Aufwand der Betrieb eines Restaurants verbunden ist, vor allem wenn kein Lockdown ist und keine Corona-Entschädigung bezahlt wird.
Konkret: Preisaufschläge für Gäste, die auf Apéro oder Vorspeise verzichten, in dieser Zeit gleichwohl im warmen Speisesaal sitzen und sich dabei – jeglichen Anstand vermissend – auch noch vergnüglich mit dem Tischpartner unterhalten. Preisaufschläge für Gäste, die für den Verzehr ihres Steaks ein speziell dafür geeignetes Messer verwenden und obendrein auch noch Extrawünsche bezüglich Garstufe (rare, medium, well done o. ä.) formulieren.
Preisaufschläge für Gäste, die sich erdreisten, die Toilette aufzusuchen, darüber hinaus Papier, Seife und Handtuch beanspruchen, obwohl ein WC-Besuch bei weitsichtiger Planung nun wirklich vor- oder nach dem Restaurantbesuch in den eigenen vier Wänden stattfinden könnte.
Nur in einem Punkt fällt es schwer, der Argumentationskette des Wirtes zu folgen. Den erregten Gemütern, die zwar vom Dessert des Partners probieren wollen, aber nicht bereit sind, für die dadurch entstehenden Kosten beziehungsweise Umstände aufzukommen (vom Energieverbrauch, der das Reinigen und Trocknen des zusätzlichen Bestecks verursacht, haben wir noch gar nicht gesprochen), rät er nämlich Folgendes: Die Gäste mögen doch bitte die Dessertportion gemeinsam geniessen, aber nur mit einem Löffel. Recht hat er!
Irgendwie ist das doch auch romantischer. Das Problem mit der besetzten Stuhlfläche durch Dessert-mitessende Gäste würde somit allerdings nicht entschärft und liesse sich in letzter Konsequenz nur dadurch lösen, indem die Dessertprofiteurin (bei den Begleitesserinnen handelt es sich bekanntlich meistens um Frauen) dem Dessertbesteller auf den Schoss sitzt.
Und jetzt: Zahlen bitte!
Die Kommentare auf weltwoche.ch dienen als Diskussionsplattform und sollen den offenen Meinungsaustausch unter den Lesern ermöglichen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass in allen Kommentarspalten fair und sachlich debattiert wird. Scharfe, sachbezogene Kritik am Inhalt des Artikels oder wo angebracht an Beiträgen anderer Forumsteilnehmer ist erwünscht, solange sie höflich vorgetragen wird. Persönlichkeitsverletzende und diskriminierende Äusserungen hingegen verstossen gegen unsere Richtlinien. Sie werden ebenso gelöscht wie Kommentare, die eine sexistische, beleidigende oder anstössige Ausdrucksweise verwenden. Beiträge kommerzieller Natur werden nicht freigegeben. Zu verzichten ist grundsätzlich auch auf Kommentarserien (zwei oder mehrere Kommentare hintereinander um die Zeichenbeschränkung zu umgehen), wobei die Online-Redaktion mit Augenmass Ausnahmen zulassen kann.
Die Kommentarspalten sind artikelbezogen, die thematische Ausrichtung ist damit vorgegeben. Wir bitten Sie deshalb auf Beiträge zu verzichten, die nichts mit dem Inhalt des Artikels zu tun haben.
Das Nutzen der Kommentarfunktion bedeutet ein Einverständnis mit unseren Richtlinien.
Unzulässig sind Wortmeldungen, die
Als Medium, das der freien Meinungsäusserung verpflichtet ist, handhabt die Weltwoche Verlags AG die Veröffentlichung von Kommentaren liberal. Die Online-Redaktion behält sich jedoch vor, Kommentare nach eigenem Gutdünken und ohne Angabe von Gründen nicht freizugeben. Es besteht grundsätzlich kein Recht darauf, dass ein Kommentar veröffentlich wird. Weiter behält sich die Redaktion das Recht vor, Kürzungen vorzunehmen.