Es sind endlich Schritte in die richtige Richtung, welche die Amerikaner und die Russen in den vergangenen Tagen in Riad getan haben.
Sie suchen die Verständigung, um dem hunderttausendfachen Sterben in der Ukraine ein Ende zu bereiten. Das ist wenigstens ein Anfang.
Gleichzeitig ist das Treffen zwischen US-Aussenminister Marco Rubio und seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow auch ein Schlag ins Gesicht der gesamten woken europäischen und schweizerischen Eliten, die einen moralischen Kreuzzug gegen Russland führten. Natürlich sind die Dinge häufig komplizierter, als sie scheinen.
Aber manchmal ist gesunder Menschenverstand halt unverzichtbar.
Wie konnte der Westen der Überzeugung erliegen, Russland lasse sich mit militärischen Mitteln und Sanktionen besiegen? Und haben die EU-Vertreter und deren Mitgliedsländer, aber leider auch die neutrale Schweiz, tatsächlich geglaubt, dass die ganze Welt Werten zustimmen würde, welche die westlichen Moralisten selber vorgeben?
Haben sie erwartet, dass alle ihre Empörung über Russland teilen würden?
Oder liegt es daran, dass der Westen sich seiner ideologischen Isolation nicht bewusst ist?
Man kann es drehen und wenden, wie man will, dass Russland mit den USA verhandelt, bedeutet doch nichts anderes, als dass die USA festgestellt haben, dass Russland den Krieg gewonnen hat.
Das war ja auch nicht eine Konfrontation zwischen der Ukraine und Russland. Das war ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA. Deshalb verhandeln jetzt auch Lawrow und Rubio, während Wolodymyr Selenskyj, Ursula von der Leyen, aber auch die Schweiz als Friedensvermittlerin aussen vor bleiben müssen.
Die mit grossem Pomp auf dem Bürgenstock organisierte internationale Konferenz verkommt dadurch definitiv zur Makulatur. Sie war ohnehin bloss eine Propagandashow der damaligen Bundespräsidentin Viola Amherd und des Aussenministers Ignazio Cassis. Sie war genau genommen nicht auf Frieden ausgerichtet, sondern auf das Einschwören der Weltgemeinschaft auf die Ziele des Westens und von Selenskyj.
Der kapitale Fehler unserer Schweizer Regierung und von weiten Teilen des Parlamentes war, dass sie sich vom Kriegsgeheul der EU- sowie Nato-Granden und auch Selenksyj anstecken liessen.
Man muss sich bloss einmal an die Anfangszeit des Krieges zurückerinnern, als die inzwischen Nationalratspräsidentin gewordene Maja Riniker (FDP) für indirekte Waffen- beziehungsweise Panzerlieferungen an die Ukraine eintrat.
Oder die Mitte-Partei, die vor wenigen Jahren noch für eine Verschärfung der Kriegsmaterial-Regulierung war, mutierte unter dem Säbelrasseln der EU zur Kriegstreiberpartei, welche die Gesetze für indirekte Waffenlieferungen an Selenskyj lockern wollte.
Mit der immerwährenden bewaffneten Neutralität wurde umgesprungen, als lasse sich dieses zentrale Instrument unserer Aussenpolitik ganz dem Zeitgeist entsprechend für jeden beliebigen Zweck verbiegen.
Kurz: Man verhielt sich wie der Kojote im Zeichentrickfilm, der über den Abgrund hinausrennt – und dabei erst gar nicht merkt, dass er keinen Boden mehr unter den Füssen hat.
Das Handeln der politischen Eliten und Moralisten war in letzter Zeit häufig weit weg von den Wahrnehmungen, Wünschen, Werten und Erwartungen der Bevölkerung. Und wehe dem, der die offizielle Glaubenslehre zu kritisieren wagte.
Vielleicht erinnern Sie sich: Wer den Ukraine-Krieg differenziert betrachtete, war schnell ein Putin-Versteher. Wer damals die Corona-Massnahmen hinterfragte, ein Verschwörungstheoretiker, wer die Energiewende kritisierte, war ein Klimaleugner, wer gegen den grossen Zustrom an Asylbewerbern protestierte, ein Rassist.
Dumm nur, dass die Kritiker – wie in der Schweiz die SVP – am Ende halt doch recht bekommen. Sie hat als einzige Partei ständig vor der Beschädigung der Neutralität gewarnt, sie hat in diesem Zusammenhang die Sanktionen gegen Russland und die Scheinfriedenskonferenz auf dem Bürgenstock ohne Russland kritisiert. Dies, um nur wenige Beispiele zu nennen.
Für das Ignorieren der Einwände bekommt die Schweiz nun die Quittung.
Riad ist für die Machthaber dieser Welt der bessere Ort für Friedensgespräche als die Schweiz.
Das ist bitter, sehr bitter.
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