Die Schriftstellerin Joanne K. Rowling ist meisterhaft darin, schillernde Figuren mit spannungsreichem Innenleben zu entwerfen. Zauberlehrling Harry Potter ist ein Draufgänger, aber auch geltungsbedürftig und misstrauisch; seine Schulkameradin Hermine Granger macht einen Spagat zwischen schulischem Ehrgeiz und Treue zu den Freunden; Privatdetektiv Cormoran Strike brilliert zwar bei der Schnüffelei, seine verkorksten Frauenbeziehungen lassen aber einige seelische Unreife erkennen.
Andreas R. aus Weimar hingegen ist ein ideologischer Langweiler, so unterkomplex und eindimensional wie ein Akteur in einer Propagandaschrift; damit ist er als Romanfigur für Rowling also nicht geeignet. Für die sehr deutsche Süddeutsche Zeitung passt er aber genau.
Bange fragt Andreas R. das Beraterteam, ob die Tante seinen Kindern die Harry-Potter-Bücher schenken dürfe – schliesslich habe sich die Autorin «transphob» geäussert!
(Zum Hintergrund: Rowling hatte sich zur haarsträubenden Aussage verstiegen, das biologische Geschlecht sei «real» – eine Ansicht, die zehntausend Jahre lang gültig gewesen sein mag, aber in Deutschland schon seit mehreren Monaten veraltet ist.)
Statt einer Antwort bietet die Süddeutsche deren drei an. Sie reichen von «Es wäre ein grosser Fehler» über «Veto einlegen passt» bis zu «auch Kulturschaffende sind fehlbar». Mit so viel Meinungsbeliebigkeit ist Andreas R., der doch Eindeutigkeit ersehnte, so klug wie zuvor.
Oder nicht ganz: Seine Frage ernst nehmen, heisst eben auch schon, sie zu beantworten.
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