Details des Falls gelangten in den letzten Jahren verschiedentlich an die Medien. Berichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) lassen nun ein Gesamtbild erkennen – und vor allem: eine Gesamtsumme.
Demnach soll es Anzeichen geben, dass ein früherer Kadermitarbeiter des Rüstungskonzerns Ruag mit mutmasslichen Machenschaften einen Schaden in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags verursacht hat. 2022 wurde er freigestellt.
Es wäre ein Betrug an seinem ehemaligen Arbeitgeber, womöglich auch an der Armee, die auf eine verlässliche Ruag angewiesen ist, sowie direkt am Schweizer Steuerzahler. Die Ruag ist im Besitz des Bundes.
Die Masche des Ruag-Manns BTD* soll gemäss EFK nach folgendem Muster abgelaufen sein: Er kaufte für die Ruag Ersatzteile ein, bewertete diese intern dann tiefer, verkaufte die wertvollen Stücke für den zu tiefen Preis an eine Ruag-Tochter in Deutschland.
Von dort wiederum verkaufte er das Material immer noch zu einem zu tiefen Preis an eine deutsche Firma weiter. BTD wie auch seine Ehefrau standen in Verbindung zu dieser Firma.
Nachdem die Teile viel zu günstig von der Ruag abgekauft worden waren, konnte die Firma sie dann zu den üblichen, aber bedeutend höheren Marktpreisen weltweit weiterverkaufen.
Die EFK listet drei Fälle auf. Bei einem Ersatzteillager von Leopard-1- und Leopard-2-Panzern soll sich der «substanzielle Gewinn ausserhalb der Ruag-Gesellschaften» auf über vierzig Millionen Euro belaufen.
Bei einem weiteren Geschäft mit 22 Getrieben von Leopard-2-Panzern soll sich die potenzielle Schadenssumme auf rund fünf Millionen Euro belaufen. Bei den in Italien gelagerten Leopard-1-Panzern soll BTD auch seine Finger im Spiel haben. Der mögliche Schaden könne noch nicht beziffert werden, schreibt die EFK.
Die Panzer in Italien sorgten in den letzten Jahren vor allem deswegen für Schlagzeilen, weil sie die damalige Ruag-CEO Brigitte Beck via Deutschland an die Ukraine weitergeben wollte. Beck hat wie später der Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin die Ruag in der Zwischenzeit verlassen.
Perrin ist der Schwager von Brigitte Hauser-Süess, der langjährigen Vertrauten und bis zuletzt persönlichen Mitarbeiterin von Viola Amherd. Die VBS-Chefin kann für die Handlungen von BTD nichts. Die EFK-Berichte weisen jedoch darauf hin, dass Amherd, die den Bund als Eigner vertritt, viel zu weit weg war von der Ruag.
Besonders brisant: Schon im Spätsommer 2019 hat ein Whistleblower in einem anonymen Schreiben den Ruag-Verwaltungsrat sowie die Departementsvorsteherin vor den Geschäften von BTD gewarnt. Gemäss EFK soll man die Warnung innerhalb der Ruag in den Wind geschlagen haben. Amherds VBS wiederum stellt sich auf den Standpunkt, das Schreiben nicht erhalten zu haben.
Die Weltwoche hat über verschiedene Kanäle versucht, BTD zu kontaktieren und ihm die Möglichkeit für eine Stellungnahme zu geben – ohne Erfolg. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Die Ruag zeigt sich derweil fest entschlossen, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten.
Sie hat Strafanzeige gegen BTD und gegen unbekannt eingereicht. «Es ist inakzeptabel, dass innerhalb unseres Unternehmens schwerwiegende organisatorische Fehler, Fehlentscheide und Fehleinschätzungen passiert sind», sagt Jürg Rötheli, neuer Verwaltungsratspräsident der Ruag MRO Holding AG. «Ich habe mein Amt übernommen, um gemeinsam mit CEO Ralf Müller, dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung die Situation ganzheitlich zu bereinigen.»
*Name der Redaktion bekannt
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