Viele fragen sich, warum die angeblich so übermächtige Armee Russlands in der Region von Kiew kaum vom Fleck kommt. Es gibt verschiedene Antworten darauf, aber die wichtigste ist wahrscheinlich folgende: Präsident Putin hat sich einen denkbar schlechten Zeitpunkt für die Invasion ausgesucht. Der Schnee ist weitgehend geschmolzen, es regnet gelegentlich, und die Böden sind feucht. Die schwarze Erde der Ukraine gilt zwar als sehr fruchtbar, doch für schwere Fahrzeuge sind die Äcker zweimal im Jahr nicht befahrbar. Selbst Kettenfahrzeuge versinken dann im Schlamm.
Alle Augen sind derzeit auf den Dutzende Kilometer langen russischen Konvoi nördlich von Kiew gerichtet – Satellitenbildern sei Dank. Doch die Stahlkolosse kommen kaum voran, weil sie sich nur auf Strassen bewegen können, und dort hat es Stau. Dieser ist eine Folge davon, dass die Ukrainer die Brücken über den Irpen-Fluss nordwestlich der Hauptstadt gesprengt haben. Der Irpen fliesst in den grossen Stausee nördlich von Kiew und wirkt in der Feuchtsaison zusätzlich als natürliches Hindernis für den Vorstoss auf die Grossstadt.
Auf Russisch nennt man die Zeit des Morasts – also im Herbst und im Frühling – Rasputitsa. Dass Putins Generäle das Problem der weichen Böden nicht kennen, ist undenkbar. Ein Rätsel bleibt deshalb, warum man mit der Invasion nicht noch etwas zugewartet hat. Panzer, die auf Strassen angewiesen sind, bieten ideale Ziele für die ukrainischen Verbände mit ihren tödlichen Panzerabwehrlenkwaffen.
Im Süden des Landes, also in der Nähe der Krim und der inzwischen wohl eingeschlossenen Stadt Mariupol, sind die Böden dagegen anders beschaffen, und es ist dort auch weniger feucht als im Norden. Kein Wunder also, dass die Russen dort viel schneller vorankommen. Schwer abzuschätzen ist allerdings, wie sehr logistische Probleme – also Versorgung der Invasoren mit Treibstoff, Munition und Nahrungsmitteln – die russische Armee behindern. Höchstwahrscheinlich steht die richtig heisse Phase des Kriegs erst noch bevor.
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