Der österreichische Plagiatsgutachter Dr. Stefan Weber wirft dem deutschen Kanzlerkandidaten Dr. Robert Habeck in seinem «Blog für wissenschaftliche Redlichkeit» vor, den «Anschein der Belesenheit» erweckt zu haben.
In einem 180 Seiten langen Gutachten weist er detailliert nach, dass Habeck in seiner Dissertation vor 25 Jahren aus Fussnoten anderer Werke zitiert hat, in denen wiederum Erkenntnisse aus anderen Büchern zitiert wurden. Habeck habe dabei so getan, als habe er selbst das Ursprungswerk in den Händen gehalten. Korrekterweise hätte er öfter ein «zitiert nach» in seine Doktorarbeit einfügen müssen.
Jetzt lässt sich an sich mit der Feststellung, den «Anschein der Belesenheit» erwecken zu wollen, ganz gut leben. Die umgekehrte Unterstellung, nämlich zum Beispiel den «Anschein der Verblödung» zu vermitteln, wäre sicher unangenehmer. Habeck und seine PR-Strategen sehen das allerdings grundlegend anders.
Sie haben ein Trauma im Kopf, das heisst: Annalena Baerbock.
Es erinnert sie daran, dass die letzte grüne Kanzlerkandidatin auch deswegen nicht so erfolgreich war, weil kurz vor der damaligen Wahl ebenjener Dr. Stefan Weber auch gegen sie Plagiatsvorwürfe erhoben hatte. Weber arbeitet oft im Auftrag, und da ist für die Auftraggeber das pünktliche Timing seiner Erkenntnisse zweifellos entscheidend.
Habeck hat deswegen, kurz bevor Weber seinen Belesenheitsvorwurf öffentlich erhob, sozusagen präventiv zurückgeschossen. In allen sozialen Medien und auch den hergebrachten, in Schrift und Ton und Bild ging der grüne Kanzlerkandidat in die Offensive und widersprach Vorwürfen, die bis dahin noch keiner kannte. Er hat sozusagen mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Die Metapher mit dem Spatzen stammt übrigens aus einem frühen Gedicht von Anton Alexander Graf von Auersperg, das der Autor dieser Zeilen auch nicht gelesen, aber eben jetzt zitiert hat – um den Anschein der Belesenheit zu erwecken.
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