Als am 10. Oktober 1981 auf dem Bonner Hofgarten-Platz die bisher grösste Friedensdemonstration in der Geschichte der Bundesrepublik stattfand, vermutete der spätere CSU-Innenminister Friedrich Zimmermann, dass die Veranstaltung «eindeutig dem Interesse Moskaus» diene. Sie sei «in ihrer Stossrichtung gegen die offizielle Politik der Regierung gerichtet». Die Unions-Fraktion sah «die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik» gefährdet. Und Bundeskanzler Helmut Schmidt erwog einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen SPD-Mitglieder, die auf der Versammlung sprechen wollten.
Eines dieser Mitglieder war der damalige Vorsitzende der saarländischen Sozialdemokraten. Sein Name: Oskar Lafontaine. Doch nicht nur die Person Lafontaine verbindet die geplante Friedensdemo am heutigen Donnerstag mit der Kundgebung am Hofgarten vor ziemlich genau 43 Jahren. Auch die Argumente und Diffamierungsversuche der Gegenseite hallen wie aus der Vergangenheit: Moskaunähe, dritte Kolonne, Gefahr für die Demokratie, Gefährdung der inneren und äusseren Sicherheit.
Und auch schon damals gab es den Tatbestand der Kontaktschuld. Seinerzeit von SPD-Mitgliedern gegenüber anwesenden Demonstranten der DKP. Heute trifft es altgediente SPD-Recken wie Ralf Stegner, der im DLF betonte, man dürfe die Friedensbewegung nicht den Populisten überlassen. Die SPD sei immer ein Teil der Friedensbewegung gewesen. Dass bei der Demo auch die Vorsitzende des BSW, Wagenknecht, als Rednerin auftrete, sei ihm «völlig schnurz». Schöner hätte es Altpazifist Erhard Eppler 1981 auch nicht sagen können.
Pikant wird die heutige Demonstration unter dem Motto «Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder» dadurch, dass die Kinder der damaligen Friedensaktivisten und Vertreter der angeblichen Friedenpartei Die Grünen heute auf der anderen Seite stehen. Entsprechend wurde etwa Ralf Stegner von den Nachfolgern Petra Kellys, Heinrich Bölls und Erhard Epplers für seine Teilnahme kritisiert. Denn die smarten Grünen der Gegenwart stationieren lieber jene Raketen, gegen die ihre Gründungsgeneration noch mit Herzblut demonstrierte. Geschichte wiederholt sich anscheinend doch – als Farce.
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