Shinzo Abe war der bekannteste Politiker Japans.
Kein anderer hatte seit dem Zweiten Weltkrieg das Land so lange regiert wie der am Freitag bei einem Attentat ermordete frühere Ministerpräsident Japans.
Er gehörte der Liberaldemokratischen Partei an, die in gewisser Weise mit der alten CDU vergleichbar ist und die in den letzten siebzig Jahren fast durchgehend das Land regierte.
Er vertrat konservative und marktliberale Positionen und war trotz der Katastrophe von Fukushima ein Befürworter der Kernenergie.
Er versuchte, mit Reformen die krisengeschüttelte Volkswirtschaft zu modernisieren. Er hatte viele Anhänger, aber auch Feinde.
Der Attentäter soll ihn nicht aus politischen Gründen getötet haben, sondern weil er Abe für den finanziellen Bankrott seiner Mutter mitverantwortlich machte.
Die weiteren Ermittlungen bleiben abzuwarten.
Der Attentäter hatte sich über das Internet über Abes Wahlkampftermin informiert und die Tat geplant. Die Waffe hatte er selbst gebastelt, und er hatte auf den Hals des Opfers gezielt, wo auch eine Schutzweste wirkungslos ist.
Der Mordanschlag auf Abe trifft einen empfindlichen Nerv des Landes. Nicht deshalb, weil Abe in der japanischen Politik noch ein grosser Akteur gewesen wäre.
Das war er nicht mehr.
Auch dürfte der Anschlag keinen relevanten Ausschlag haben auf das Ergebnis der am Sonntag stattfindenden Oberhauswahl.
Er trifft den Nerv Japans deshalb, weil Japan eigentlich ein sicheres Land ist.
In kaum einem anderen Land ist die Kriminalitätsrate so niedrig wie in Japan. Und darauf ist man in Japan stolz.
Man brauchte bislang in Japan nicht die grossen Schutzmassnahmen wie in anderen Staaten, um Politiker abzuschirmen. Das wird sich jetzt vermutlich ändern, auch wenn angekündigte Strasenwahlkampf-Auftritte immer ein Risiko sein werden.
Hans-Georg Maassen war Präsident des deutschen Inlandgeheimdiensts. Seine Frau ist Japanerin, er spricht fliessend Japanisch. Er hält regelmässig Gastvorträge an japanischen Universitäten.
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