Seit Tagen erzählen die ukrainischen Behörden, dass russische Truppen Zivilisten aus der belagerten Stadt Mariupol nach Russland deportierten. Auch der ehemalige ukrainische Präsident Poroschenko verbreitete kürzlich solche Vorwürfe. So hätten die Russen rund 2000 ukrainische Kinder aus Mariupol nach Russland gebracht. Alles üble Kriegspropaganda?
Nun, vielleicht sollte man sich einmal ansehen, was das russische Verteidigungsministerium zur Evakuierung von Zivilisten aus Kampfzonen zu sagen hat. Zuerst einmal wirft Moskau den «ukrainischen Nationalisten» vor, mehr als 4,5 Millionen Zivilisten als «menschliche Schutzschilde» zu missbrauchen, unter anderem in den beiden grössten Städten Kiew und Charkiw.
Das ist offensichtlicher Unsinn, denn ich habe mich mit eigenen Augen davon überzeugt, dass Bewohner von Kiew, Charkiw und anderen Städten mit der Eisenbahn, Autobussen oder Privatautos das Weite suchen können. Dazu brauchen sie nur gültige Papiere. Millionen haben von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht.
Russland gibt allerdings durchaus zu, Zivilisten «aus gefährlichen Zonen» – unter anderem also auch aus Mariupol – evakuiert zu haben. Allein am 21. März seien es 19.442 Menschen gewesen, darunter 3448 Kinder. Dabei betonte das Verteidigungsministerium, dass die ukrainische Seite nicht beteiligt gewesen sei. Seit Beginn der «militärischen Sonderoperation» hätten die Russen mehr als 336.000 Menschen in Sicherheit gebracht, darunter etwa 77.000 Kinder.
Insgesamt hätten unterdessen mehr als 43.000 Personenautos die Grenze zu Russland überquert, und es gebe nun 9500 temporäre Aufnahmezentren für Evakuierte auf dem Territorium der Russischen Föderation. Offensichtlich wurden also Zivilisten – und darunter mit Sicherheit auch Kinder – nach Russland gebracht. Die Frage ist nur, ob dies auf freiwilliger Basis geschah und ob diese Menschen Russland später wieder verlassen können, wenn sie das wünschen.
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