Ich bin ein Fan von Zimmi, Kurt W. Zimmermann. Ob er nun von Thailand aus schreibt, vom Golfplatz, aus Budapest oder Italien, seine Kolumnen sind für mich immer ein Geschenk zum Lesen. Mit seinem Lob für die Journalistenschule von Ringier hat er sich verhauen. Oder er erkrankt langsam an Altersmilde.
Natürlich ist es positiv, dass Ringier etwas für den Journalistennachwuchs macht. Und das seit fünfzig Jahren. Festzustellen, dass sie der Ursprung des guten Schweizer Journalisten wäre, dies, lieber Zimmi, ist kreuzfalsch. Es gibt nur sehr, sehr wenig guten Schweizer Journalismus in der Schweiz. Zimmi und «Weltwoche daily» sind eine Ausnahme.
Nehmen wir die einstigen drei Hauptdarsteller: Schweizer Fernsehen, Blick und Tages-Anzeiger.
Dem Schweizer TV nehmen sie, wenn Bundesrat Rösti sich nicht aus persönlicher Karrieresucht zum Kartoffelstock macht, das meiste Geld weg, weil die Zuseher davonlaufen. Der Tages-Anzeiger entlässt die Hälfte seiner Redaktionen, weil die Leser ihn links liegen lassen. Der Blick hat sich als Zeitung schon längst auf den Rücken gelegt, alle Viere von sich gestreckt und aufgegeben. Er moralisiert nur noch an den Menschen vorbei.
Übrigens: Rösti, der sich, was die TV-Gebühren betrifft, langsam zum Kartoffelstock macht, ist guter Journalismus. Frechheit regt die Sinne an. Die einen regen sich auf, respektlos, die andern schmunzeln, niemand lässt es unberührt. Sinnlicher Journalismus. Könnte aus den sozialen Medien stammen.
Okay. Ich sehe, dass es zwei Blickwinkel gibt, den Journalismus zu qualifizieren. Journalismus, der sich verkauft. Und Journalismus, der das Ziel hat, nur gute Menschen zu bedienen. Für mich zählt nur die erste Variante. Denn ein Journalismus, den niemand liest, ist ein sterbender Journalismus. Ein Journalismus, der den meisten Journalisten den Job kosten wird. Natürlich, die entlassenen Schöndiener können als Sprecher von Politikern nachher mehr verdienen, wenn sie stets als sterbende Journalisten politisch korrekt geblieben sind … Schwacher Trost.
Das Internet, die sozialen Medien, würden dem Journalismus zu Leibe rücken, schreiben die in der Journalistenschule indoktrinierten Journis seit Menschengedenken. Ihr Rezept dagegen: politische Korrektheit, Heuchelei und jetzt noch die Gender-Sprache. Nichts anderes als eine Vernebelung der Sprache und Fakten, Komplizierung der Ausdrücke, Entfernung von den Lesern.
Dass diese sich dann halt an die sozialen Medien halten, wo normale Menschen in ihrer normalen Sprache über Dinge schreiben, die sie interessieren, freuen und ärgern, vergessen sie. Dabei ist dies die Basis von gutem Journalismus. Auch wenn hin und wieder jeder normale Mensch übertreibt, was dann heute als Hetze und Hass zensiert werden soll. Auch wenn jede Art von Zensur einem jeden Journalisten ein Horror sein müsste.
Das wichtigste Gut der Sprache ist es, dass sie den Menschen ausmacht. Dass jeder dank ihr jeden verstehen kann, darum ist die Freiheit, seine Gedanken immer und überall äussern zu dürfen, das wichtigste Element von Demokratie. Die Gesetze der Gesellschaft reichen aus, Bedrohungen, falsche und die Persönlichkeitsrechte verletzende Behauptungen in öffentlichen Texten zu verbieten.
Dass Menschen unter Umständen böse Gedanken haben, gehört zur Natur des Lebens. Politische Korrektheit wurde erfunden, damit der unproduktive Teil der Menschheit, Politiker, Behörden, Beamte ungestraft ihre Dummheiten behaupten können und wiedergewählt werden. Natürlich sind alle diese meine Behauptungen etwas schwarz und weiss. Würde ich die Medienwirklichkeit grau schildern, wäre der Zweck nicht erfüllt.
Politische Korrektheit, Gender-Sprache, Heuchelei – das wird in den Journalistenschulen heute gelehrt. Darum sind die massgebenden Leute in den Medien heute Professoren in Sprache, die jeden Idioten zur die normale Menschheit beleidigenden Elite aufsteigen lassen. Das sind allerdings keine Journalisten mehr. Und dass damit neun Zehntel der Menschheit von dieser sogenannten Elite ausgegrenzt werden, interessiert die Absolventen der eigentlichen Gutmenschenschulen, was Journalistenausbildung heute ist, gar nicht.
Gruss an Zimmi.
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