In jedem Stammtisch hat er sein allhörendes Ohr, in jede Konditorei blickt er hinein, die das infame Süssgebäck mit Schokoladenüberzug feilbietet, jedes Denkmal und jeder Strassenname sind seiner erbarmungslosen Prüfung ausgesetzt: Aber der Weltgerichtshof der Political Correctness streckt seine Arme nicht nur im ganzen Raum aus, nein, auch in die Zeit hinein vermag er zu greifen!
Sein ehrenamtlicher Büttel, der Gymi-Lehrer Philippe Wampfler, hat festgestellt, dass der Dichter Friedrich Dürrenmatt 1962 in einer Bühnenanweisung für «Die Physiker» das Wort «Neger» verwendete.
Der Diogenes-Verlag, der das Stück herausgibt, hat die Klage des wachsamen Paukers zur nachträglichen Korrektur eiskalt zurückgewiesen – doch nun erhält Wampfler Schützenhilfe durch eine unbestechlichen Tages-Anzeiger-Redaktorin. Sie macht die verbliebenen Tagi-Leser zu Mitbetroffenen, indem sie diese – ein literarischer Kniff, der selber fast von Dürrenmatt sein könnte – auffordert: «Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie wären schwarz.» (Kein Ausrufezeichen, nur ein Punkt, mehr bedarf’s hier nicht, das spürt die Autorin.)
Schockierte Stille im Gerichtssaal.
Aber nur kurz, natürlich, dann geht das globale Geschrei in der lokalen Kommentarspalte los …
Keine Strafe ohne Gesetz, so lautete in der Urzeit mal ein Rechtsgrundsatz. Vorbei damit!
Vor den ungeschriebenen Paragrafen des woken Moralismus hat das geschriebene Wort zu verblassen – oder zensiert zu werden: Rettet die feinsinnige Gegenwart vor der kruden Vergangenheit!
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