Dieser Text erschien zuerst auf dem Substack-Blog «Freischwebende Intelligenz» von Milosz Matuschek.
«Betrug und Falschheit fürchten die Überprüfung. Wahrheit lädt sie ein.» – Samuel Johnson (britischer Autor, Essayist, 1709–1784)
Nach längerem Hin und Her hat das RKI am 30. Mai die weitgehend entschwärzten Protokolle des Krisenstabs («RKI-Protokolle») veröffentlicht. Das Magazin Multipolar hatte zuvor auf Herausgabe der Protokolle geklagt, aber nur stark geschwärzte Protokolle bekommen.
Die entschwärzten Protokolle bieten einen Einblick in den Sach- und Kenntnisstand der zentralen, dem Gesundheitsministerium unterstellten Bundesoberbehörde, deren Vertreter in Person von Lothar Wieler und Lars Schaade das politische Massnahmengeschehen mitgestalteten, teils medial nach aussen vertraten und daher als Hauptakteure der Corona-Zeit gelten dürfen. Auch wenn es hier nur um einen ersten Einblick gehen kann, zeigen diese Protokolle (die gerade keine Diskussions-, sondern Ergebnisprotokolle sind) vor allem eine sichtbare Kluft zwischen dem RKI und den medial sowie politisch verlautbarten Positionen. Hatten letztlich auch beim RKI die «Covidioten» recht?
Das wirft eine weitere Frage auf: Wer war letztlich das besagte «Team Wissenschaft», wenn die Wissenschafts-Kommunikation des RKI der Politik nach dem Mund redete und die Politik sich umgekehrt um den Stand der Wissenschaft im RKI nicht scherte?
Schon ein Blick in die ungeschwärzten Teile der Protokolle liess erahnen, dass die Entscheidungsfindung im RKI einer eigenen Dynamik folgt.
Betrachtet man einen Zeitstrahl der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung (BMGF) aus diesem frühen Zeitraum, sieht man bereits, wohin das Hauptaugenmerk des Interesses geht: Impfungen, Impfungen, Impfungen. Im Monatstakt kündigt die BMGF mehr Förderungen für Impfstoffe an. Auch im RKI beginnt diese Diskussion zur selben Zeit. Zugleich fördert Gates unter anderem die Charité und das RKI mit Spenden; Lothar Wieler darf ein Paper für die Stiftung schreiben und Deutschland belobigen. Die Namen der Co-Autoren (Ute Rexroth, René Gottschalk) sind im RKI-Protokoll geschwärzt, man hält hier offenbar noch etwas für vertraulich, was in dreissig Sekunden googelbar ist.
Am 24. August 2020 (S. 1413) wird im Protokoll vermerkt, dass die Bundesländer über die geplante Einführung der Impfstoffe bis Ende des Jahres überrascht seien. Wusste die Länderebene erst spät von den Impfplänen und der Impfstoffentwicklung?
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