Einem fachlich ausgezeichneten Mitarbeiter, der die Tendenz hatte, in Verhandlungen zu früh «ja» zu sagen, empfahl ich, als erste Lektion, vor dem Spiegel laut nein sagen zu üben.
Die zweite Lektion ist, das «Nein, aber …» zu üben. Dann muss man wissen, was und welche Alternative man will.
Nein sagen ist nicht einfach. Vor allem nicht, wenn man jahrelang auf das Jasagen konditioniert worden ist.
Das sehe ich jetzt bei der CDU/CSU: Über sechzehn Jahre lang war es selbstverständlich, dass Partei und Fraktion der Regierung zustimmten. Nun ist Olaf Scholz Bundeskanzler, und die Union ist nicht in der Bundesregierung.
Olaf Scholz und seine links-gelbe Regierung planen nach ihrem Koalitionsvertrag ein anderes Deutschland. Dieser Regierungspolitik kann und darf man nicht zustimmen.
Opposition heisst, nein zu sagen und Alternativen aufzuzeigen.
Anstatt als Union mit 173 Stimmen dem links-gelben Gesetzentwurf zur Verschärfung der Corona-Massnahmen zuzustimmen, hätte man einen eigenen Gesetzentwurf einbringen und zur Abstimmung stellen müssen.
Statt den SPD-Bundespräsidenten Steinmeier in seinem Amt zu halten, hätte die Union den Anspruch haben müssen, einen eigenen Kandidaten aufzustellen.
Um Alternativen aufzuzeigen, muss man allerdings wissen, was man will.
Dass die Union damit ein Problem hat, sahen die Wähler bei der Bundestagswahl, die sich fragten, für welche Positionen, die nicht auch von der SPD, den Grünen oder der SED vertreten werden, die Union heute noch steht. Warum sollten die Wähler noch CDU wählen?
In der Opposition ist es noch wichtiger als in der Regierungsverantwortung, zu wissen, wofür man steht und wogegen man ist.
Mein damaliger Mitarbeiter übte fleissig und wurde ein starker Verhandler. Der Union empfehle ich ebenfalls ein Intensivtraining im Neinsagen.
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