Wer ist der Mann, vor dem Deutschland zittert? Ein «Linksfaschist wie Mussolini», der mit einer Minderheit Frankreich regieren will. Frankreich wartete auf den designierten Premierminister Jordan Bardella und zitterte vor einer Rückkehr der Faschisten. Doch kaum waren die ersten Hochrechnungen bekannte, sprach Jean-Luc Mélenchon auf allen Kanälen zum ganzen Land.
«Nichts als das Programm, aber das ganze Programm» würde er realisieren. 200 Euro mehr Mindestlohn. Spitzensteuersatz 90 Prozent. Jedem Studenten 1000 Euro monatlich. Rente mit sechzig. Und so weiter. Und so fort.
Selbst die Genossen an seiner Seite, seine Minister in spe, staunten und strahlten ob des revolutionären Eifers, den Mélenchon versprühte. Ursprünglich war er Trotzkist. Karriere machte er bei den Sozialisten – unter Premierminister Lionel Jospin war er Erziehungsminister. Er verliess die Partei und gründete eine Linksfront. Aus ihr wurde «La France insoumise» (LFI).
Nur knapp verpasste Mélenchon 2017 den Einzug in die Stichwahl. Als Verlierer organisierte er eine Demonstration gegen Emmanuel Macrons «sozialen Putsch»: «Das Volk hat die Monarchie niedergemacht. Das Volks hat die Nazis besiegt.»
Gegen sie glaubt er sich im Krieg. Bei allen Auftritten trägt er das «rote Dreieck», das Abzeichen der politischen Gefangenen in den Konzentrationslagern. Deutschland hatte Angst vor einer Machtübernahme der «Faschisten» um Jordan Bardella und Marine Le Pen – die sich mit Alice Weidel gestritten und von der AfD distanziert hatte.
Gross war nun die Erleichterung. Aber von kurzer Dauer. Deutschland wurde sich gewahr, dass ein «Deutschenhasser» sich anschickte, Frankreich zu regieren. Die Bild-Zeitung präsentierte einen Strauss seiner deutschfeindlichen Blüten: «In den Müll mit Madame Merkel» (anlässlich der Griechenland-Krise). «Schnauze, Frau Merkel, Frankreich ist frei» – als sich die Kanzlerin für Reformen in Paris aussprach.
Schon die Wiedervereinigung war für Mélenchon eine «illegale Annexion». 2015 widmete er Deutschland ein Buch: «Bismarcks Hering. Das deutsche Gift.» Es ist ein Sammelsurium aus billigen Klischees und historischen Ressentiments.
70 Prozent der Franzosen lehnen ihn als Premierminister ab. Genauso hoch ist der Anteil der Parlamentarier, die ihn ablehnen. Eine – kleine – Mehrheit bekam er nur, weil noch einmal der antifaschistische Reflex funktionierte. Merci, «republikanische Front».
Der französische Philosoph Pascal Bruckner unterstreicht Mélenchons Bewunderung von «Putin, Xi Jinping und al-Assad». Bruckner beruft sich auf den deutschen Denker Jürgen Habermas: Im Sinne seiner «Theorien» nennt er Jean-Luc Mélenchon einen «Linksfaschisten in der Tradition von Mussolini».
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