Die Nobelpreis-Jury hätte ein lautstarkes Signal senden können, wenn sie ihren Preis dieses Jahr Salman Rushdie zugesprochen hätte. Der sprachmächtige Schriftsteller lag auch bei den Buchmachern gut im Rennen.
Rushdie, der jahrelang unter Polizeischutz leben musste, nachdem Ajatollah Chomeini 1989 seine mörderische Fatwa gegen ihn erlassen hatte, war 2022 Opfer eines Messerattentäters geworden. Mit «Knife» hat er die traumatische Erfahrung in einem eindringlichen Buch verarbeitet.
Die Jury gab einer mit 53 Jahren für Nobelpreis-Verhältnisse jungen Autorin aus Südkorea den Vorzug. Das Land gab in den letzten Jahren vor allem als popkulturelles Phänomen zu reden: Mit K-Pop und Netflix-Serien eroberte Südkorea den globalen Massenmarkt.
Nun taucht es auch auf der literarischen Landkarte auf. Obwohl wahrscheinlich die meisten Leserinnen und Leser Han Kang zuerst einmal googeln mussten. Dank dem Aufbau-Verlag ist das schmale Werk der Autorin auch auf Deutsch greifbar.
Han Kang thematisiert in ihren Romanen auf eigenwillige Weise die koreanische Nachkriegsgeschichte. Bekannt wurde sie mit dem Buch «Die Vegetarierin», für das sie 2016 den International Booker Prize erhielt. Darin erzählt sie von einer Frau, die eines Tages beschliesst, kein Fleisch mehr zu essen, zur Hungerkünstlerin wird und davon träumt, als Pflanze zu leben.
Die Begründung der Stockholmer Jury für ihre Wahl hätte auch auf Salman Rushdie zugetroffen. Sie vergebe den Preis an Han Kang «für ihre intensive poetische Prosa, die sich historischen Traumata stellt und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens offenlegt».
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