Biden zu beobachten – schreibt die Washington Post – breche einem nahezu das Herz. Das ist wohl so.
Der amerikanische Präsident bietet seit geraumer Zeit ein Bild des Jammers – und das nicht erst seit dem desaströsen Fernsehduell mit Donald Trump. Er läuft schlecht, unsicher und wackelig; unser Mundartbegriff des Täppelens trifft diese eingeschränkte Bewegungsart wohl am besten.
Seine Mimik gibt es eigentlich nicht mehr; sein Gesichtsausdruck ist steif, monoton und bewegungslos. Insgesamt wirkt er wie erstarrt. Eigentlich müsste es auch für ihn eine Erlösung sein, zurückzutreten und es sich auf seinem Alterssitz in Delaware bequem zu machen.
Doch nein: Er hält an Amt und Aufgabe fest. Das ist mittlerweile egoistisch und verantwortungslos – gegenüber seinem Land und der ganzen westlichen Welt. Es ist ein Ausdruck von Altersstarrsinn. Letzteres belegt auch sein zunehmender Ärger gegenüber jenen, die es gut mit ihm meinen und ihn zu einem Rücktritt bewegen wollen, bevor es zu spät ist und nur noch peinlich. Barack Obama zum Beispiel oder nun auch Nancy Pelosi.
Offenbar fehlt aber Biden die Souveränität und auch die Weisheit des Alters mit der Einsicht, dass er sein Amt und seine Aufgaben nicht mehr adäquat ausfüllen kann. Klar: Den Verfall der eigenen Kräfte anzuerkennen und daraus dann auch die Konsequenzen zu ziehen, ist immer schwer. Ein Rücktritt – wovon auch immer – fällt allen Menschen schwer, ob Politiker oder Fussballer, Firmenchef oder Schauspielerin.
Und je höher man auf der Erfolgsleiter war, je mehr man im Rampenlicht stand und von Beifall umgeben war, desto schwieriger ist es, sich plötzlich in einem Leben zu wiederzufinden, das auf all diese Aufmerksamkeit verzichten muss. Aber den Zeitpunkt für diese Entscheidung zu verpassen, ist letztlich noch schwerwiegender, weil es mit dem Verlust von Respekt und Würde verbunden ist.
Nun hat Biden am Abend noch die Kurve gekriegt – aber nicht aufgrund weiser Einsicht, sondern weil schlicht und einfach der Druck von seinen Parteikollegen zu gross wurde.
Damit hat er die historische Chance eines würdevollen Abschieds verpasst.
Die Kommentare auf weltwoche.ch dienen als Diskussionsplattform und sollen den offenen Meinungsaustausch unter den Lesern ermöglichen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass in allen Kommentarspalten fair und sachlich debattiert wird. Scharfe, sachbezogene Kritik am Inhalt des Artikels oder wo angebracht an Beiträgen anderer Forumsteilnehmer ist erwünscht, solange sie höflich vorgetragen wird. Persönlichkeitsverletzende und diskriminierende Äusserungen hingegen verstossen gegen unsere Richtlinien. Sie werden ebenso gelöscht wie Kommentare, die eine sexistische, beleidigende oder anstössige Ausdrucksweise verwenden. Beiträge kommerzieller Natur werden nicht freigegeben. Zu verzichten ist grundsätzlich auch auf Kommentarserien (zwei oder mehrere Kommentare hintereinander um die Zeichenbeschränkung zu umgehen), wobei die Online-Redaktion mit Augenmass Ausnahmen zulassen kann.
Die Kommentarspalten sind artikelbezogen, die thematische Ausrichtung ist damit vorgegeben. Wir bitten Sie deshalb auf Beiträge zu verzichten, die nichts mit dem Inhalt des Artikels zu tun haben.
Das Nutzen der Kommentarfunktion bedeutet ein Einverständnis mit unseren Richtlinien.
Unzulässig sind Wortmeldungen, die
Als Medium, das der freien Meinungsäusserung verpflichtet ist, handhabt die Weltwoche Verlags AG die Veröffentlichung von Kommentaren liberal. Die Online-Redaktion behält sich jedoch vor, Kommentare nach eigenem Gutdünken und ohne Angabe von Gründen nicht freizugeben. Es besteht grundsätzlich kein Recht darauf, dass ein Kommentar veröffentlich wird. Weiter behält sich die Redaktion das Recht vor, Kürzungen vorzunehmen.