Wird es ein Kniefall? Oder lässt es sich wirklich ganz nüchtern als Wirtschaftsdelegationsreise betrachten?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck fliegt an diesem Wochenende nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Der Besuch in den arabischen Wüstenstaaten ist Teil der Bemühungen, die viel zu spät als fatal erkannte Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu verringern.

Und er stürzt Habeck in ein Dilemma: Die wenigsten Energieförderländer sind lupenreine Demokratien. Im Gegenteil: Oft haben die jahrzehntelang sicher sprudelnden Einnahmen aus Öl- und Gasexporten feudale Strukturen in den Förderländern gefestigt und Reformen unnötig gemacht.

Wenn Habeck Erfolg hat und mehr Lieferungen aus den arabischen Staaten nach Deutschland bestellen kann, tauscht er also bestenfalls einen politischen Alleinherrscher im Kreml als Energielieferanten gegen einen feudalen Scheich aus Doha oder anderswo aus.

Doch es bleibt ihm nichts anderes übrig: Katar ist einer der weltweit grössten Exporteure von Flüssiggas (LNG), einer Energieform, die in den geänderten Plänen der Bundesregierung zur deutschen Energieversorgung neuerdings eine zentrale Rolle spielt. Bis zu drei LNG-Terminals sollen an den Küsten gebaut werden, um Tankschiffe aus aller Welt in Empfang nehmen zu können. Katar könnte helfen, sie zu füllen, so wie es hilft, Volkswagen, die Deutsche Bank oder Siemens zu führen, wo das Land wichtiger Aktionär ist. Katar kennt sich eben aus in Deutschland.

Das Problem Habecks liegt jetzt in dem, was in seiner Partei strittig diskutiert wird. Inwieweit die Führung des Wüstenstaats «mit unseren grünen Werten und den Werten der Gesellschaft» vereinbar sei, war den Grünen bei einem Parteitag im vergangenen Jahr noch eine eigene Diskussion wert.

Seit der Vergabe der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 blickt die Welt nach Katar. Der Befund: Es gibt keine Presse- und Meinungsfreiheit, männliche Vormundschaft schränkt Frauenrechte stark ein, Homosexualität ist verboten. Als rechtelos gelten auch viele der Gastarbeiter.

Habecks Reise wird zum Ritt auf der Rasierklinge und zum Vorgeschmack dafür, was er sonst noch unternehmen muss, um Deutschland unabhängiger von russischen Energielieferungen zu machen.

Doch der Grünen-Minister ist pragmatisch: Moralische Einkäufe im Bereich der fossilen Energien gebe es «nicht wirklich», erklärt er kurz vor Abflug Richtung Wüste. «Die Förderung von Erdöl und Erdgas schafft Machtkonzentration, und Machtkonzentration schafft häufig auch Anfälligkeit für Korruption.»