Es ist kein Scherz, keine Übertreibung: Eine Gruppe von Studenten der Jura-Fakultät der Georgetown-Universität fordert einen Ort zum Weinen.
Während ich über diese Forderung nur den Kopf schütteln kann, hat der Studiendekan der Georgetown-Universität auch noch Verständnis. Das Statement von Mitch Bailin: «Es ist wirklich schwer, den Unterricht oder ein Meeting unter Tränen zu verlassen, und Sie sollten immer einen Ort auf dem Campus haben, an den Sie gehen können», liess er gegenüber den Studenten verlauten. «Kontaktieren Sie mich jederzeit – jederzeit –, und wir werden Platz für Sie finden.»
Ich frage mich schon seit längerem: Wie verweichlicht ist eigentlich unsere Gesellschaft?
Die Georgetown-Universität ist eine der besten Universitäten Amerikas. Ein Semester kostet jährlich über 60.000 Dollar. Unterkunft und Verpflegung kommen selbstverständlich obendrauf.
Es ist ein wahnsinniges Privileg für die Studenten, dort studieren zu dürfen. Sie müssen nicht arbeiten, sondern dürfen Tag für Tag ihren Kopf mit Wissen füllen.
Ich habe nicht in Georgetown studiert, sondern an der Maastricht-Universität. Und anders als die Georgetown-Studenten war ich mir jeden einzelnen Tag meines wahnsinnigen Privilegs bewusst, dass meine Eltern ihr Geld in mich investierten.
Mein einziger Job in drei Jahren: gute Noten schreiben. Warum hätte ich weinen sollen?
Und was soll aus dieser verweichlichten Generation später einmal werden? Fordert sie dann beim ersten Bewerbungsgespräch auch einen Platz zum Weinen?
Ich könnte heulen, wenn ich nur daran denke.
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