Als Beobachter – und (noch) nicht Kriegspartei – wären die Westeuropäer gut beraten, selbst bei grausamen Entdeckungen wie den Leichen in Butscha eine gewisse Distanz zu wahren. Leider gerät diese Tugend unter die Räder.
Da die russische Kriegsschuld unzweifelhaft ist, sind wir verführt, auch das weitere Kriegsgeschehen nach Kriterien wie schwarz und weiss, gut und böse wahrzunehmen. Das treibt eine Eskalation der moralischen Empörung, die nach dem Ausreizen aller möglichen Sanktionen letztlich zum Kriegseintritt des Westens führen muss.
Gekonnt befeuert die ukrainische Kriegs-PR diesen Prozess. Schon die Frage, ob sich unter den Toten vielleicht auch gemeuchelte Kollaborateure befinden, provoziert den Verdacht prorussischer Parteinahme. Dabei gebietet die Vernunft, angesichts eines zunehmend enthemmten Bruderkriegs davon auszugehen, dass die letzten Tabus auf beiden Seiten wegbrechen. Berichte von Vergehen ukrainischer Soldaten an der eigenen Zivilbevölkerung liegen ja ebenfalls vor.
Damit wird nichts relativiert. Wenn es ein Massaker russischer Truppen an ukrainischen Zivilisten gab, gehört das bewiesen und bestraft. Bis dahin aber gilt auch in einem Angriffskrieg, auch zugunsten des Angreifers, auch wenn es schwerfällt die Unschuldsvermutung: in dubio pro reo.
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