Während in Europa Masken-Zwang, Impf-Pflicht, Lockdowns, Zertifikate et cetera diskutiert, geplant oder bereits durchgesetzt werden, verfolgt Warschau einen liberalen Kurs.
Obwohl sich bisher lediglich 54 Prozent der Bürger impfen liessen und die Impfzentren praktisch leer stehen, verzichtet Präsident Andrzej Duda auf Gesetze und Vorschriften.
Seine Zurückhaltung begründet er mit dem Volkscharakter: Die Polen würden «Zwangs-Massnahmen» ablehnen, und bei Eingriffen in die Privatsphäre sei deshalb mit «aggressiven Reaktionen» zu rechnen. Im Gesundheitsministerium heisst es offiziell gar, die Polen wären mit einem «Widerstands-Gen» ausgestattet.
Doch letztlich denkt Duda bereits an die Parlamentswahlen von 2023. Das Fiasko vom letzten Jahr, als bloss jeder vierte Bürger für ihn stimmte, steckt ihm noch tief in den Knochen.
Und er weiss: Da seine Stammwähler mehrheitlich Anhänger der Anti-Impf-Bewegung sind, könnten ihm staatliche Corona-Vorschriften gefährlich werden.
Irgendwann werde das Land zwar Herden-Immunität erreichen, meint ein polnischer Pandemie-Experte.
Aber der Tribut, den Polen für das gesundheitspolitische Laisser-faire entrichten muss, ist makaber hoch. Relativ zur Bevölkerung ist bereits heute die Zahl der Covid-19-Toten in kaum einem anderen europäischen Land höher als in Polen.
Dass die Menschen das akzeptieren, hat mit der kommunistischen Vergangenheit des Landes zu tun. Damals entwickelten sie einen gesunden Instinkt gegen Diktate der Obrigkeit und pochen seither auf ihre Unabhängigkeit. Auch wenn es ihnen jetzt einen fatal hohen Preis abverlangt.
Die Kommentare auf weltwoche.ch dienen als Diskussionsplattform und sollen den offenen Meinungsaustausch unter den Lesern ermöglichen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass in allen Kommentarspalten fair und sachlich debattiert wird. Scharfe, sachbezogene Kritik am Inhalt des Artikels oder wo angebracht an Beiträgen anderer Forumsteilnehmer ist erwünscht, solange sie höflich vorgetragen wird. Persönlichkeitsverletzende und diskriminierende Äusserungen hingegen verstossen gegen unsere Richtlinien. Sie werden ebenso gelöscht wie Kommentare, die eine sexistische, beleidigende oder anstössige Ausdrucksweise verwenden. Beiträge kommerzieller Natur werden nicht freigegeben. Zu verzichten ist grundsätzlich auch auf Kommentarserien (zwei oder mehrere Kommentare hintereinander um die Zeichenbeschränkung zu umgehen), wobei die Online-Redaktion mit Augenmass Ausnahmen zulassen kann.
Die Kommentarspalten sind artikelbezogen, die thematische Ausrichtung ist damit vorgegeben. Wir bitten Sie deshalb auf Beiträge zu verzichten, die nichts mit dem Inhalt des Artikels zu tun haben.
Das Nutzen der Kommentarfunktion bedeutet ein Einverständnis mit unseren Richtlinien.
Unzulässig sind Wortmeldungen, die
Als Medium, das der freien Meinungsäusserung verpflichtet ist, handhabt die Weltwoche Verlags AG die Veröffentlichung von Kommentaren liberal. Die Online-Redaktion behält sich jedoch vor, Kommentare nach eigenem Gutdünken und ohne Angabe von Gründen nicht freizugeben. Es besteht grundsätzlich kein Recht darauf, dass ein Kommentar veröffentlich wird. Weiter behält sich die Redaktion das Recht vor, Kürzungen vorzunehmen.