Przemyśl, eine schmucke Stadt mit knapp 60.000 Einwohnern, liegt dicht an der ukrainischen Grenze.
Nach der russischen Invasion trafen so viele Flüchtlinge am Bahnhof von Przemyśl ein, dass die Bewohner vorübergehend plötzlich in der Minderheit waren. Aber Stadtpräsident Wojciech Bakun liess sich dadurch nicht beirren und hiess die Ukrainer willkommen.
Schnell wurde er zum polnischen Helden der Ukraine-Krise.
Doch inzwischen klingt Bakun nüchterner. Organisierte Gruppen seien in den letzten Wochen nach Przemyśl gekommen, schreibt er auf Facebook. Er stellt Bilder von Roma dazu, die sich in der Stadt ausbreiten würden, und wirft ihnen Missbrauch des Sozialsystems vor.
Sobald die Flüchtlinge bei der polnischen Sozialversicherung registriert sind, erhalten sie vom polnischen Staat jeden Monat umgerechnet bis zu 160 Franken, was fast dem monatlichen Mindestlohn in der Ukraine entspricht.
«Sie kommen, kassieren, fahren nach Hause – und kehren vier Wochen später wieder zurück, um das Hilfsgeld erneut zu beanspruchen», sagt ein Beamter der Stadtverwaltung von Przemyśl. Die Transporte in die Grenzstadt seien organisiert, ebenso die Rückfahrt in die Ukraine.
Der Beweis? «Die Menschen, die im Stadthaus anstehen, um die Sozialhilfe zu kassieren, haben ein Flugblatt mit Informationen bei sich, wie sie vorzugehen haben, um zu ihrem zu Geld kommen.»
Trotz seiner Skepsis bereitet sich Bakun jetzt auf den Winter vor.
Viele Ukrainer, die innerhalb ihres Landes geflüchtet seien, hätten derzeit keine Bleibe, die das Überleben bei Minus-Temperaturen ermöglichen würde. Er rechnet deshalb schon bald mit einer neuen Flüchtlingswelle.
Ob er dann erneut als polnischer Held der Ukraine-Krise gefeiert wird, wird sich zeigen.
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