Dieses Jahr haben die Aussenminister der Europäischen Union gemeinsam einen ganzen Strauss von Sanktionen verhängt. Denn die EU will stärker als vermeintlicher Machtblock und als Hüterin der Menschenrechte wahrgenommen werden. Zunehmend setzt Brüssel Personen statt Staaten auf die Sanktionslisten – in der naiven Meinung, man könne die Repräsentanten der Länder gegen die Länder als solche ausspielen.
Erstmals werden trotz reger Wirtschaftsbeziehungen und einem neuen Investitionsabkommen mittlerweile auch chinesische Personen und Organisationen sanktioniert. Die EU folgt hier der Biden-Administration in den USA, und die schweizerische Linke ist ebenfalls begeistert von einer konfrontativen China-Politik.
Unter diesem Druck im In- und Ausland tut sich der Bundesrat schwer, eines seiner Mitglieder am 4. Februar 2022 an die Eröffnung der Olympischen Spiele nach Peking zu entsenden. Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) versuchte mit seinem wegen einer technischen Panne verunglückten Besuch vom November vergeblich, das brenzlige Thema China noch rasch und rechtzeitig abzuhaken. Er will in seinem Bundespräsidialjahr auf keinen Fall nach Peking reisen, wie aus seinem Umfeld verlautet. Überhaupt tut Cassis gegenwärtig alles, um die SP und die Grünen nicht zu verärgern.
Von Amtes wegen müsste eigentlich Bundesrätin Viola Amherd (Mitte) der Eröffnung des Sportspektakels im Reich der Mitte beiwohnen. Doch auch sie tut sich schwer und befürchtet, wie der Teufel das Weihwasser, die Linken, die NGOs und die Medien vor den Kopf zu stossen.
Der Fall wäre eigentlich glasklar, speziell bei Bundesräten, die sonst jede Gelegenheit für Auslandreisen nutzen: Bundespräsident Cassis soll «stillsitzen» und zu Hause bleiben. Aber Sportministerin Amherd gehört am 4. Februar nach Peking. Alles andere wäre Arbeitsverweigerung und ein unverständlicher, neutralitätswidriger Affront gegen das hochempfindliche China.
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