Nicht bloss das Zürcher Kunsthaus findet keine Ruhe («grosse, kontrovers geführte Debatte um die Sammlung Bührle entbrannt», NZZ). Auch in der Kunstgesellschaft, dem Verein, der das Kunsthaus führt, herrscht Uneinigkeit. Darüber, wer der nächste Präsident wird. Oder, möglicherweise, die nächste Präsidentin.
Vor einem Jahr setzte sich Anne Keller, eine reiche Frau aus gutem Haus, die Kunst kannte, liebte und dafür lebte, in der ersten Kampfwahl der Geschichte der 234-jährigen Kunstgesellschaft durch. Gegen einen Angreifer von unten, einen Anwalt, der in Zürich und besonders in der Kunstwelt der Stadt ein Unbekannter war. Keller starb wenige Monate nach ihrem Sieg. Vor Wochen wurde ein, und nur ein Kandidat für ihre Nachfolge bekannt: Philipp Hildebrand.
Hildebrand wie Blackrock- und ehemals Nationalbank-Hildebrand? Richtig. Er ist der offizielle Vorschlag. Von Kunst versteht er zwar möglicherweise eher wenig. Dafür viel von Fundraising, Mittelbeschaffung. Was wichtig, vielleicht wichtiger ist. Da er bisher nicht mit Medien darüber sprach, kommentierte ein Journalist vom Tages-Anzeiger: «Kandidatur nach Gutsherrenart».
Seit heute ist alles anders. Es bewirbt sich noch jemand um den Posten. Cristina Bechtler. Bechtler wie Thomas «Kunstgesellschafts-Ex-Präsident»-Bechtler? Richtig. Die Ehefrau des Vorvorgängers von Anne Keller will gegen Hildebrand antreten.
Auf den ersten Blick keine schlechte Idee: Sie ist Sammlerin, Gründerin der Engadin Art Talks, einer Kunst-Veranstaltung in Zuoz, und eine Frau, was kein Nachteil sein kann.
A propos Nachteil (oder Nachteile): Die sogenannte Findungs-Kommission für ein neues Präsidium, bestehend aus Mitgliedern der Kunstgesellschaft sowie Vertreterinnen der Stadt und des Kantons Zürich, unterstützen Frau Bechtler nicht. Das war eine Untertreibung. Die Kommission hat ihre Bewerbung abgelehnt. Stattdessen habe sich der Vorstand «nach eingehender Prüfung für die Portierung eines Mitbewerbers entschieden» (eigene Angabe). Und also Hildebrand als nächsten Präsidenten aus dem Hut gezogen.
Das sind keine guten Voraussetzungen für eine Kandidatur, die Cristina Bechtler, so sieht's aus, dennoch ein weiteres Mal wagt. Erschwerend kommt dazu, dass sie in der Zürcher Kunstwelt zwar präsent ist, wegen der Sammlung ihres Mannes und von ihr, aber nicht als sehr lösungs- und dienstleistungsorientiert gilt. Weiter sind die Meinungen über ihre fachliche Eignung als Präsidentin geteilt.
Die Wahl, die Ende Monat stattfindet, verspricht, spannend zu werden. Und einzigartig: Ein Mitglied der einflussreichen Kunstwelt greift ein Mitglied der zudem reichen Finanzwelt an. Und das für einen Posten bei dem es Ansehen zu verdienen gibt, im besten Fall. Sonst nichts – Honorar ist keines vorgesehen, nebenbei erwähnt. Ruhe, so sieht’s aus, kommt vorläufig auch keine auf im Kunsthaus.
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