Wäre Deutschland kein Land, sondern die Deutschland AG, dann wären Aufsichtsrat und Management seit der vergangenen Woche gefeuert. Denn das Spitzenpersonal der Deutschland AG hat seit Jahren untätig zugeschaut, wie ein Klumpenrisiko das eigene Unternehmen bedroht. Ja noch schlimmer: Es hat mitgeholfen, dass sich das Risiko von Tag zu Tag, von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr verstärkt. Das ist jetzt aufgeflogen.
Deutschland bezieht mehr als die Hälfte seiner Erdgasimporte aus Russland. Die Zahl stammt aus dem Jahr 2019, sie wäre weiter gestiegen, wenn neben Nord Stream I noch Nord Stream II ans Netz gegangen wäre. Daneben bläst Russland durch die Jamal-Röhre 33 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr nach Deutschland. Damit nicht genug: Russland darf auch Deutschlands Ölhunger stillen. 41 Prozent des deutschen Bedarfs stammen von dort. Wer in den vergangenen Jahren irgendjemanden in der Regierung darauf und auf das damit verbundene Risiko der Erpressbarkeit ansprach, erhielt die patzige Antwort: Russland sei an den Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport mindestens ebenso interessiert wie Deutschland an den Rohstoffimporten.
Das ist natürlich völliger Blödsinn. Wer auf der Quelle sitzt, hat das Sagen. Wer auf Lieferungen angewiesen ist, darf hoffen. Es waren über Jahrzehnte lauter Hoffnungsvolle der unterschiedlichsten Parteien, die diese Abhängigkeit erst begründet und dann ausgebaut haben. In der Wirtschaft nennt sich so etwas single source. Die Strategie ist längst vom dual sourcing bei lebenswichtigen Teilen abgelöst worden. Nur das Regierungspersonal in Berlin hat diese Entwicklung verschlafen.
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