Der Krieg, der vor wenigen Stunden in der Ukraine begonnen hat, werde lange dauern, meint der israelische Militärwissenschaftler Martin van Creveld in einem Exklusivinterview mit Weltwoche Daily.
Der Vormarsch werde zunächst zwar aus russischer Sicht erfolgreich verlaufen, dann aber würden sich der russischen Armee zunehmend Schwierigkeiten in den Weg stellen. Ein Sieg über die Ukraine werde Putin schwerfallen, sagt van Creveld. Er werde zwar grosse Teile der Ukraine einnehmen können, aber nicht das ganze Land. «Dazu ist es viel zu gross», so der Militärhistoriker, der mit seinen zahlreichen Büchern über Kriege und Schlachten weltweite Beachtung fand.
Die ukrainische Armee habe sich zwar auf einen russischen Angriff vorbereitet. Aber ihre Ausrüstung sei veraltet und stamme teilweise noch aus Beständen der Sowjetunion. «Die Ukraine hat mit ihrer konventionellen Armee gegenüber Russland keine Chance.»
Doch aus dem konventionellen Krieg könnte ein Guerillakrieg werden. Um den Krieg zu gewinnen, müssen die Russen die wichtigsten Städte besetzen und eine neue ukrainische Regierung bilden. Das werde zu sehr vielen Todesopfern führen. «Der Widerstand der Ukrainer wird verzweifelt sein.»
Gleichzeitig sei mit einem Flüchtlingsstrom in Richtung Polen zu rechnen. Es könnten «Hunderttausende» sein, schätzt der Militärhistoriker.
Dass die Nato der Ukraine wirksam zu Hilfe kommen wird, glaube er nicht. Sollte es doch so weit kommen, «wäre das fast das Ende der Welt».
Erst wenn in Kiew eine pro-russische Regierung installiert sei, werde sich Putin zufriedengeben und seine Truppen abziehen, meint van Creveld. Für Putin stehe viel auf dem Spiel, sollte der Krieg gegen die Ukraine nicht zu einem Sieg Russlands führen. Das könnte nicht nur zu seinem eigenen Sturz führen, sondern auch den Zerfall Russlands bedeuten. Denn von den 146 Millionen Menschen in Russland gehören 18 Prozent einer der 160 Minderheiten an. «Von denen warten nicht wenige auf eine Gelegenheit, sich vom Joch Moskaus zu befreien.»
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