Angeblich um die 4000 Menschen, vor allem Frauen, wurden zwischen 1563 und 1736 in Schottland der Hexerei angeklagt. Viele von ihnen landeten am Galgen oder wurden durch das Schwert gerichtet. Die Bedauernswerten waren Opfer von Zeloten oder Abergläubigen, die durch Denunziation auf ihr Seelenheil hofften. Drei-, vierhundert Jahre später sind diese Verbrechen zwar nicht mehr nachvollziehbar. Aber sie eignen sich noch immer, um politisches Kapital daraus zu schlagen. Das hat die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon erkannt. Sie hat sich deshalb vor dem Regionalparlament formell bei den Opfern dieser Verfolgung entschuldigt. Das nützt natürlich den Hexen nichts, dafür aber der Politikerin. Denn der Applaus war ihr sicher, und sie kann ihn brauchen. Ihre Partei, die Unabhängigkeitspartei SNP, hat in den letzten Monaten wenig Erfolge verbuchen können. Die aus Umweltgründen zurückgefahrene Förderung von Öl ist auf dem Tiefstand der Siebzigerjahre – und das ausgerechnet jetzt, wo Energie knapp und teuer ist. Die soziale Misere ist in den schottischen Grossstädten mit der allerorts präsenten Drogenmisere sichtbarer denn je. Die finanzielle Abhängigkeit der Schotten von Westminster wächst zusehends – und die Unabhängigkeit ist damit weiter weg denn je. Da bieten sich die ermordeten Hexen aus früheren Jahrhunderten geradezu an, um billig Zustimmung zu erheischen. Wer diese Politik als zynisch versteht, liegt wohl richtig. Mögen es die Hexen Nicola Sturgeon nachsehen.
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