Mal ganz ehrlich (womit wir nolens volens einräumen, dass wir nicht immer ganz ehrlich sind): Hat das Enthüllungs-Video Sie wirklich überrascht, auf dem Ringier-CEO Marc Walder im letzten Februar die Staatsnähe zur Doktrin erklärte? Jeder, der auch nur einen Funken Verstand zwischen Augen und Ohren hat, kann das Resultat seit Jahren täglich beobachten.
Man könnte es sogar positiv auslegen: Ringier reizt das Panik-Potential der Corona-Krise nicht voll aus. Aus Verantwortungsbewusstsein. Blick-Chef Christian Dorer stand schon früher öffentlich dazu.
Und wenn wir mal ganz, ganz ehrlich sein wollen: Ist es etwa nicht ein offenes Geheimnis, dass Ringier den Konzernjournalismus – also den orchestrierten Einsatz aller Redaktionen für oder gegen bestimmte Anliegen und vor allem Personen – seit je hemmungsloser betreibt als in Schweizer Medien üblich? In anderen Verlagshäusern erfolgt der Konformitäts-Druck diskreter. Was nicht heisst, dass er weniger effizient wäre.
Trotzdem ist Walders Outing erschütternd für jeden, der an die Errungenschaften der Aufklärung glaubt. Gerade weil er uns vor Augen führt, wie selbstverständlich wir die alltägliche Propaganda-Berieselung hinnehmen.
Der Wahrheit, allein der Wahrheit verpflichtet? – Wie verlogen das doch klingt.
Die Corona-Krise hat das «Cui-bono-Primat» bei den Medien schonungslos demaskiert. Über allem steht die Frage, wem eine Nachricht dient. Danach wird sie ergebnisorientiert zurechtgebogen oder auch unterdrückt. Und jeder kann sich einreden, im Grunde doch nur das Gute gewollt zu haben.
Propaganda ist der Feind der Aufklärung, deren Grundwerte schon lange erodieren. Das löst auch Unbehagen und Widerstand aus. Trumps rhetorisches Trommelfeuer gegen das mediale Establishment war sein Schlüssel zum Erfolg. Nur ist Gegenpropaganda kaum glaubwürdiger als Propaganda.
Die Fronten sind erstarrt. Keiner weiss, wie es weitergeht. Klar ist: Die konventionellen Medien haben nicht nur ihre Unschuld verloren. Mit den virtuellen Schützengräben haben sie sich auch gleich noch ihr eigenes Grab geschaufelt.
Die Kommentare auf weltwoche.ch dienen als Diskussionsplattform und sollen den offenen Meinungsaustausch unter den Lesern ermöglichen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass in allen Kommentarspalten fair und sachlich debattiert wird. Scharfe, sachbezogene Kritik am Inhalt des Artikels oder wo angebracht an Beiträgen anderer Forumsteilnehmer ist erwünscht, solange sie höflich vorgetragen wird. Persönlichkeitsverletzende und diskriminierende Äusserungen hingegen verstossen gegen unsere Richtlinien. Sie werden ebenso gelöscht wie Kommentare, die eine sexistische, beleidigende oder anstössige Ausdrucksweise verwenden. Beiträge kommerzieller Natur werden nicht freigegeben. Zu verzichten ist grundsätzlich auch auf Kommentarserien (zwei oder mehrere Kommentare hintereinander um die Zeichenbeschränkung zu umgehen), wobei die Online-Redaktion mit Augenmass Ausnahmen zulassen kann.
Die Kommentarspalten sind artikelbezogen, die thematische Ausrichtung ist damit vorgegeben. Wir bitten Sie deshalb auf Beiträge zu verzichten, die nichts mit dem Inhalt des Artikels zu tun haben.
Das Nutzen der Kommentarfunktion bedeutet ein Einverständnis mit unseren Richtlinien.
Unzulässig sind Wortmeldungen, die
Als Medium, das der freien Meinungsäusserung verpflichtet ist, handhabt die Weltwoche Verlags AG die Veröffentlichung von Kommentaren liberal. Die Online-Redaktion behält sich jedoch vor, Kommentare nach eigenem Gutdünken und ohne Angabe von Gründen nicht freizugeben. Es besteht grundsätzlich kein Recht darauf, dass ein Kommentar veröffentlich wird. Weiter behält sich die Redaktion das Recht vor, Kürzungen vorzunehmen.