Deutschland ist Weltmeister im Delegieren: Es hat seine Energieversorgung an Russland delegiert, seinen Handel nach China verlagert und lässt seine Sicherheitsinteressen von den USA vertreten.
Das Ganze hat sich bewährt und funktionierte nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile: Jeder soll machen, was er kann, und es dem anderen verkaufen. Dann profitieren alle.
Doch wie immer bei Theorien zerschellen sie an den Felsen der Praxis: In Wahrheit ist Deutschland ein Weltmeister der Abhängigkeit geworden.
Je grösser und mächtiger die Handelspartner sind, desto mehr sind sie in der Lage, Interessen durchzusetzen.
Bei den USA als Partner in Sicherheitsfragen fiel das den Deutschen auf, als Donald Trump lautstark einen höheren Beitrag der Deutschen zur Nato einforderte. Bei Russland als Energieversorger fällt jetzt auf, dass das Erpressungspotenzial im Kriegsfall enorm ist.
Und bei China, als wichtigstem Absatzmarkt, steht das unangenehme Erwachen spätestens dann vor der Tür, wenn auch dieses Land seine Macht ausspielt, sich beispielsweise Taiwan einverleibt und darauf ein Sanktionsbann China als Handelspartner bis auf weiteres unmöglich macht.
Wenn es in einer von Machtinteressen geleiteten Welt aber vorbei ist mit dem Delegieren, hilft nur noch eines: selber machen.
Da Deutschland dafür zu klein ist, wird es sich enger an die EU schmieden müssen. Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei: Nur ein Europa, das in Finanz- und Sicherheitsfragen, das aussen- und verteidigungspolitisch gemeinsam auftritt, kann in einer Welt bestehen, in der die Wirklichkeit nicht durch Parlamente und Notenbanken, sondern mit Kriegsbooten und Panzern geformt wird.
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