Im BBC-Morgenfernsehen kamen am Donnerstag Londoner Fans des FC Chelsea zu Wort. Sie liessen ihrer Enttäuschung über den Verkauf des Clubs freien Lauf: «Er hat so viel für uns geleistet.» Immerhin hat der Verein unter der Ägide von Roman Abramowitsch zweimal die Champions League und fünfmal die Meisterschaft gewonnen. Ein Fan brachte die Sache auf den Punkt: «Was hat Abramowitsch mit diesem Krieg zu tun?», fragte er. Mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit gar nichts; er soll Putin nahestehen, dementiert dies jedoch. Trotzdem glaubt der Investor, dass ihm jetzt grosser Reputationsschaden droht, wenn er kein Zeichen setzt. Das heisst in seinem Fall: Weg mit dem Club und den Erlös für einen guten Zweck einsetzen, also die Kriegsopfer in der Ukraine. Gut möglich, dass Abramowitsch im derzeit aufgeheizten Klima die Lage richtig einschätzt. Würde er auf dem Club sitzen bleiben, könnte dieser Schaden nehmen.
Hinter der Empörung über Abramowitschs Kreml-Connection steckt indes grosse Scheinheiligkeit, denn in der englischen Premier League mischen keineswegs nur Heilige vor dem Herrn mit: Der saudische Machthaber Mohammed bin Salman ist Besitzer von Newcastle United und bestimmt keiner zum Gernhaben. Die amerikanische Familie des verstorbenen Immobilienhändlers Malcolm Glazer gebietet über Manchester United; der Mann stand im Ruf der Skrupellosigkeit. Der Lokalrivale Manchester City wird von Investoren in Dubai und in der Volksrepublik China kontrolliert, ebenfalls keine englischen Landlords der gutmütigen Sorte. Es gäbe also viele Gründe, das Engagement von Premier-League-Investoren zu kritisieren. Aber sie haben nicht das Pech, Russen zu sein. Immerhin gibt es einen Lichtstreifen: Sollte der Schweizer Hansjörg Wyss tatsächlich beim Chelsea FC einsteigen, würden sich keine neuen ethischen Fragen ergeben.
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