Wie immer man sich an den Tag der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden im Februar 2021 erinnert: Mit Schaudern denkt man zurück an das Inaugurationsgedicht der 22-jährigen Amanda Gorman.
«Der Hügel, den wir erklimmen» hiess es, aber es war ein lyrischer Absturz: voller Klischees, Pathos und Plattitüden.
Stilsicher war nur die knallgelbe Prada-Jacke der jungen Dichterin, die nach ihrem Auftritt sofort einen Modelvertrag erhielt. Und ihre Gedichtbändchen millionenfach verkaufte, auch in deutscher Übersetzung. Wir gönnen ihr den Erfolg von Herzen.
Jetzt hat sie am Montag, einen Tag vor dem Start der Vollversammlung der Vereinten Nationen, bei einer Veranstaltung zu den Uno-Nachhaltigkeitszielen ein neues Gedicht vorgetragen.
In «An Ode We Owe» (Eine Ode, die wir schuldig sind) beschwört Amanda Gorman den Zusammenhalt der Nationen, um den Planeten vor dem Untergang zu bewahren. Darunter macht sie es nicht.
Die Wortspiele sind nicht besser geworden: «lives lost, climatic costs» (verlorene Leben, Kosten des Klimas).
Ebenso wenig die treuherzig-naiven Appelle an die Mitmenschen: «Ich bitte nur darum, dass ihr euch kümmert, bevor es zu spät ist, dass ihr bewusst und wach lebt.»
Unweigerlich fühlt man sich an den Musenalp-Express erinnert, eine Schweizer Jugendzeitschrift, in der Leserinnen und Leser ungefiltert ihre eigenen Gehversuche als Dichter veröffentlichen konnten.
Wer hätte gedacht, dass der Musenalp-Express dreissig Jahre nach seinem Ableben triumphal in New York einfährt?
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