Heute um 13.27 Uhr passiert es: Da ruft von der zentralen Moschee in der Domstadt Köln zum ersten Mal der Muezzin. In seinem Ruf fordert er zum Gebet auf und untermauert den Absolutheitsanspruch des Isalm als einzig wahrer Religion. In einer aufgeregten Umfrage einer Regionalzeitung finden 76 Prozent der Kölner das nicht so gut. Der Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist das aber egal. Sie hat durchgesetzt, dass es so kommt. Es gibt auch andere deutsche Städte, wo das schon so ist.
Nun sind die modernen Deutschen ein freundliches Volk. Sie würden niemals einem Muslim sagen, er solle bitte von der Moschee, die um die Ecke von seiner Kirche steht, keinen Muezzin rufen lassen. Nein, das machen sie nicht, schliesslich ist ja auch die Ausübung der Religionsfreiheit ein Grundrecht. Weil ihnen aber trotzdem nicht ganz wohl bei der Sache ist, durchforsten die Deutschen ihre Schallschutzverordnungen und bemühen Lärmgutachter. Der Muezzin bekommt strenge Auflagen, mehr als 60 Dezibel laut darf er nicht rufen, die Lautsprecher müssen auf den Innenplatz der Moschee gerichtet sein, der Ruf darf nur wöchentlich erschallen, und das Ganze ist auch nur ein «Pilotprojekt», befristet auf zwei Jahre. Es liesse sich auch sagen: Deutschland bekämpft den Islam äusserst subversiv mit dem Immissionsschutzgesetz.
Zum Glück passiert das Ganze in Köln. Dort ist das «Rheinische Grundgesetz» gemütliche Tradition: «Et kütt wie et kütt» steht da in Artikel 2 («Es kommt, wie es kommt»). Die Kölner beherzigen das: Auf einer von der Stadt vorgeschriebenen Informationsveranstaltung zum bevorstehenden Muezzinruf erschienen am Tag zuvor genau fünf Bürger neben etwa doppelt so vielen Journalisten. Artikel 11 des «Rheinischen Grundgesetzes» heisst übrigens: «Do laachs de disch kapott.“ («Da lachst du dich kaputt.»)
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