Heilige Kühe gibt es in Indien, und niemand darf sie schlachten.
Heilige Kühe gibt es aber auch in Europa, und niemand rührt sie an: Die 40-Stunden-Woche ist in den allermeisten europäischen Ländern eine solche heilige Kuh.
Lang erkämpft und teilweise noch unterboten, hatte sich bislang niemand hingestellt und gesagt: Die Lage hat sich verändert. Wir müssen alle länger arbeiten. Stattdessen werden Ausnahmen geschaffen, es gibt Guthabenkonten für Arbeitszeit, und es gibt abzubummelnde Überstunden, und noch immer gilt es als Ausweis grossen Fleisses, das Überstunden-Konten gut gefüllt zu haben.
Dass sich der Arbeitsmarkt gedreht hat, dass nicht mehr Jobs ein knappes Gut, sondern Arbeitskräfte einfach nicht zu finden sind – geschenkt. Dass Handwerker, Mittelstand und Konzerne gleichermassen stöhnen, weil sie keine Bewerber finden, behindert zwar das Wachstum, aber das Rezept dagegen lautet, mehr Menschen eine Arbeit anzubieten: Zuwanderern, Frauen und notfalls auch den Älteren, die kurz vor der Rente stehen.
Nur das einfachste Rezept hat bislang keiner verschrieben. Niemand wagte sich daran, bis jetzt einer der bekanntesten Ökonomen im Land, Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft, aussprach, was viele denken: Wie wär’s mit länger arbeiten?
«Die Schweizer arbeiten in der Woche zwei Stunden mehr als wir», sagte Hüther. «Die Schweden eine.» Durch eine Verlängerung der Arbeitszeit um dreissig Minuten liesse sich schnell ein Potenzial von hundert Stunden je Arbeitsplatz und Jahr schöpfen.
Es ist nicht sicher, ob die einfachsten Rezepte immer die besten sind. Ganz sicher ist es jedoch eine gute Idee, heilige Kühe anzutasten.
Danke, Herr Ökonom!
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