Gerade nimmt man sich bei den Dud*innen Diskriminierungs-vorbeugend das jüdische Volk vor mit der sprachlichen Empfehlung, Juden nicht mehr als solche zu bezeichnen, sondern durch Begriffe wie «jüdische Menschen, Mitbürgerinnen und Mitbürger oder Menschen jüdischen Glaubens» zu ersetzen, weil die Bezeichnung Jude und Jüdin «wegen der Erinnerung an den nationalsozialistischen Sprachgebrauch» gelegentlich als diskriminierend empfunden werde.
Im Klartext, da die Herren Nazis ebenfalls «Juden» gesagt haben, ist das jetzt irgendwie vorbelastet. Lassen wir beiseite, dass wir das Sprechen in deutscher Sprache nach diesem Massstab aus historischer Verantwortung ganz einstellen müssten, da auch der Rest des deutschen Vokabulars damit kontaminiert wäre.
Fakt ist: Mit dieser Empfehlung, die wir den «Bösewicht*innen» der Redaktion in dubio pro reo als gutgemeint unterstellen wollen, wird die historische Vernichtung der Juden nicht etwa sensibel umschifft, sondern sprachlich gar wiederholt. Während man also an anderer Stelle wie etwa bei Geschlecht jede sexuelle Spielart neuerdings einzeln aufzählen muss, damit jeder in der Sprache «sichtbar» wird, betreibt man hier eine Löschung des Wortes «Jude» aus dem Sprachgebrauch.
Es wird ein Geheimnis des Dudens bleiben, warum ein Jude zudem umständlich umschrieben ein «Angehöriger eines semitischen Volkes, einer religiös beziehungsweise ethnisch zusammengehörenden, in fast allen Ländern der Erde vertretenen Gemeinschaft» sein muss, während der Muslim dort schlicht ein «Anhänger des Islams» ist und der Christ ein «Anhänger des Christentums» sein darf.
Kein Jude dieser Welt hat darum gebeten, anders benannt zu werden. Genau genommen ist es bevormundend, wenn vor allem Nichtjuden den Juden jetzt ihre jahrtausendealte Eigenbezeichnung rauben. Aber es ist sehr deutsch, es natürlich nur zu ihrem Besten zu tun.
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