Viola Amherd ist die höchste Sportlerin der Schweiz. In ihrem Kinderzimmer hing ein Poster von Bernhard Russi. Der Urner gewann 1972 in Sapporo Olympiagold. Fünfzig Jahre später blickt die Sportwelt wieder in den fernen Osten, wo in der kommenden Woche in Peking die Olympischen Winterspiele beginnen.
Als Sportministerin wäre Amherd eigentlich an der Eröffnungsfeier gefragt. Doch die Walliserin winkt ab – und begründet dies mit der prekären Covid-Lage. Auch Bundespräsident Ignazio Cassis mag nicht nach China jetten. Die pandemisch bedingten Schwierigkeiten lähmen seinen olympischen Tatendrang ebenfalls bis zum Stillstand.
Bei Swiss Olympic zeigt man Verständnis für die Reiseunlust der Magistraten. Präsident Jürg Stahl bedauert den Entscheid zwar, die Begründung sei aber nachvollziehbar: «Es ist eine lange Tradition, dass ein Mitglied des Bundesrats dabei ist.» Für den früheren Zürcher SVP-Nationalrat ist indes klar: Die aussergewöhnliche Pandemie-Situation sei nun etwas anderes. Ganz grundsätzlich lobt er die Schweiz als ein Land, in dem der Sport einen grossen gesellschaftlichen Stellenwert besitzt.
Angesichts solcher kommunikativer Slalomläufe wird es dem Zuhörer beinahe schlecht. Die gesellschaftliche Bedeutung des Sports endet in der Schweiz in der Regel dort, wo spendable Mäzene und grosszügige Sponsoren aufhören zu bezahlen – und die Pandemie als Begründung für das olympische no-show von Amherd und Cassis zu kommunizieren, ist nicht viel mehr als Wischiwaschi-Politik.
In Tat und Wahrheit folgt der Bundesrat Ländern wie USA, Grossbritannien, Australien oder Grossbritannien und verweigert sich der chinesischen Propaganda-Maschinerie. Das ist durchaus opportun – aber dann sollte man auch dazu stehen. Von mündigen Politikern müsste man dies erwarten können. Und von Swiss Olympic ebenfalls.
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