Bereits am ersten Kriegstag regten sich Proteste in Russland gegen Wladimir Putins Militäroperation in der Ukraine. Obwohl Staatsanwaltschaft und Ermittlungskomitee im Vorfeld vor strafrechtlichen Konsequenzen für die Teilnahme an ungenehmigten Demos gewarnt hatte, gingen in über 40 Städten Menschen auf die Strasse.

Die grössten Demonstrationen gab es in Moskau und St. Petersburg. Die Polizei nahm russlandweit rund 1500 Personen fest, allein in Moskau waren es an die 600. In einem Fall hat die Staatsanwaltschaft bereits ein Strafverfahren eröffnet. Eine junge Frau soll in Moskau einen Molotow-Cocktail in Richtung von Polizeibeamten geschleudert haben. Die Uniformierten kamen durch den Brandsatz zwar nicht zu Schaden. Trotzdem drohen ihr wegen Angriffs gegen Vertreter der Staatsgewalt nun fünf Jahre Haft.

Der Angriff auf die Ukraine ist in der Bevölkerung nicht unumstritten. Obwohl eine deutliche Mehrheit der Russen die Separatisten im Donbass unterstützt, galt ein vollwertiger Krieg gegen das „Brudervolk“ bis vor kurzem vielen als undenkbar.

Doch zumindest bislang stellen die Proteste keine ernsthafte Gefahr für Putin dar: Nach der Verschärfung des Versammlungsrechts fürchten viele Russen Repressionen. Bei anderen setzt die russische Führung auf Propagandabilder durch einen schnellen Erfolg und nationale Euphorie.

Bislang geht das Konzept auf: Die Beteiligung ist deutlich geringer als bei früheren Protesten, wie beispielsweise nach der Verhaftung des Oppositionellen Alexej Nawalny vor einem Jahr. Das dürfte sich wohl nur ändern, wenn der erwartete Sieg sich verzögert und die Zahl der Gefallenen deutlich steigt.