Aussenministerin Annalena Baerbock glaubt immer noch daran, dass der Nahostkonflikt mit der Zweistaatenlösung beendet werden könnte. Das sagte sie diese Woche bei ihrem Antrittsbesuch in Gesprächen mit Israels Regierungschef Naftali Bennett und Aussenminister Yair Lapid.

In deutschen Medien wurde sie dafür gelobt. Sie habe Klartext gesprochen, auch beim Thema Siedlungsbau. Der sei «schädlich und nicht mit dem Völkerrecht vereinbar».

Um es ganz vorsichtig auszudrücken: Das vom Gast aus Berlin angesprochene Thema hat für die israelische Regierung keine Priorität. In den Communiqués aus Jerusalem wurde Baerbocks Position zur Palästinenserfrage denn auch mit keinem Wort erwähnt. Lapid meinte dazu lediglich, dass man sich einig sei, nicht einig zu sein.

Priorität hat für Israel etwas ganz anderes: eine Antwort auf die iranischen Atompläne, über die jetzt in Wien verhandelt wird und die in Jerusalem als existentielle Gefahr gesehen werden.

Auch wenn der Gast aus Berlin das Versprechen der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholte, dass die Sicherheit Israels «die deutsche Staatsraison» sei: Ob die deutsche Regierung diese atomare Aufrüstung verhindern kann, ist zu bezweifeln.

Von der Zweistaatenlösung haben sich inzwischen sogar Araber distanziert. Ihre frühere Forderung, mit Israel erst nach der Ausrufung des Staates Palästina Botschafter auszutauschen, haben viele fallen gelassen – zum Beispiel die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Marokko. Weil sie eben geografisch näher am Iran sind als Deutschland.

Die Araber interessieren sich nicht nur für Israels boomende High-Tech-Industrie. Den Nachbarn des Iran geht es vor allem um Sicherheit vor Attacken Teherans. In Bahrain wird künftig ein Offizier der israelischen Streitkräfte stationiert sein, und die Emirate hoffen, die von Israel entwickelten Iron-Dome-Batterien zu erhalten, die feindliche Geschosse in der Luft zerschmettern können. Das ist für die Nachbarn des Iran wichtiger als die Gründung eines Staates Palästina.

Das müsste man eigentlich auch in Berlin begreifen.