Der 15. September 2008 war der Tag, an dem die Lehman-Bank pleiteging. Die Welt geriet daraufhin in eine Krise, Banken mussten massenweise von Staaten gerettet werden, damit Menschen und Unternehmen nicht vom einsetzenden Strudel mitgerissen wurden. Nach Lehman war klar: Es gibt Banken, die sind too big to fail, zu gross zum Scheitern. Sie müssen aufgefangen werden, weil die Kosten ihres Scheiterns grösser sind als die Kosten ihrer Rettung. Wäre Russland eine Bank, würde das Land ebenfalls in diese Kategorie fallen. Russland ist too big to fail.
Das gilt vor allem aus europäischer Perspektive. Russland ist als Energielieferant unverzichtbar. «Russlands Rohstoffe und Westeuropas Industrieproduktion passten perfekt zusammen», sagt der Ökonom Hans-Werner Sinn. Wir erleben gerade, was passiert, wenn die Lieferungen in Frage stehen. Ganze Branchen, angefangen von den energieintensiven Betrieben über die städtischen Busbetreiber bis hin zu den Spediteuren, schreien um staatliche Hilfe. Für sie lohnt sich keine Fuhre mehr. Fallen sie aus, bleiben die Regale in den Supermärkten leer.
Damit nicht genug: Die russische Föderation steht bei Banken in der Kreide, dazu kommen Unternehmen und Privatpersonen die ebenfalls Schulden bei den europäischen Geldhäusern haben. Beide Posten zusammen summieren sich allein für die deutschen Banken auf 15 Milliarden Euro, eine Summe, die ein mittleres Beben auslösen kann.
Das alles spielt sich ab vor dem Hintergrund im höchsten Masse verunsicherter Investoren, abzulesen am brutalen stündlichen Auf und Ab der Börsenkurse. Die nervös zuckenden Anleger feiern dort jede Friedenstaube euphorisch und streuen sich bei jeder einschlagenden Rakete Asche aufs Haupt. Garniert wird dieses explosive Gemisch von einer Zentralbank, die dringend die Zinsen erhöhen müsste, um die Inflation zu bremsen, dies aber nicht kann, weil teureres Geld zusätzliche Schockwellen in die Märkte senden würde.
Das ist die Lage, in der Russland droht, pleitezugehen. Niemand sollte dieses Abenteuer wagen. Es hat sich schon bei Lehman nicht bewährt.
Die Kommentare auf weltwoche.ch dienen als Diskussionsplattform und sollen den offenen Meinungsaustausch unter den Lesern ermöglichen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass in allen Kommentarspalten fair und sachlich debattiert wird. Scharfe, sachbezogene Kritik am Inhalt des Artikels oder wo angebracht an Beiträgen anderer Forumsteilnehmer ist erwünscht, solange sie höflich vorgetragen wird. Persönlichkeitsverletzende und diskriminierende Äusserungen hingegen verstossen gegen unsere Richtlinien. Sie werden ebenso gelöscht wie Kommentare, die eine sexistische, beleidigende oder anstössige Ausdrucksweise verwenden. Beiträge kommerzieller Natur werden nicht freigegeben. Zu verzichten ist grundsätzlich auch auf Kommentarserien (zwei oder mehrere Kommentare hintereinander um die Zeichenbeschränkung zu umgehen), wobei die Online-Redaktion mit Augenmass Ausnahmen zulassen kann.
Die Kommentarspalten sind artikelbezogen, die thematische Ausrichtung ist damit vorgegeben. Wir bitten Sie deshalb auf Beiträge zu verzichten, die nichts mit dem Inhalt des Artikels zu tun haben.
Das Nutzen der Kommentarfunktion bedeutet ein Einverständnis mit unseren Richtlinien.
Unzulässig sind Wortmeldungen, die
Als Medium, das der freien Meinungsäusserung verpflichtet ist, handhabt die Weltwoche Verlags AG die Veröffentlichung von Kommentaren liberal. Die Online-Redaktion behält sich jedoch vor, Kommentare nach eigenem Gutdünken und ohne Angabe von Gründen nicht freizugeben. Es besteht grundsätzlich kein Recht darauf, dass ein Kommentar veröffentlich wird. Weiter behält sich die Redaktion das Recht vor, Kürzungen vorzunehmen.